Steuerhinterziehung Schulterschluss im Kampf gegen Steuersünder

Berlin · Mehr als 50 Staaten und Gebietskörperschaften haben am Mittwoch in Berlin ein Abkommen zum automatischen Austausch von Bankkundendaten unterzeichnet und damit eine Allianz im Kampf gegen Steuersünder geschmiedet. Auch Deutschland gehört zu den Ländern, die nun die in der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) entwickelten einheitlichen Standards anwenden werden.

Der Unterschied zwischen Steuertrick und Steuerbetrug
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Foto: dpa, fz

Steuerhinterziehung könne "nur auf globaler Ebene wirksam bekämpft werden", hieß es in der unter anderem vom Bundesfinanzministerium verbreiteten Erklärung zur Unterzeichnungszeremonie. Alle wichtigen Finanzplätze würden sich inzwischen auf den Austausch der entsprechenden Informationen vorbereiten. "Die Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung vermindern sich rasant. Für Steuerhinterzieher gibt es nur noch zwei Wege: sich zu offenbaren oder entdeckt zu werden." Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte die seit längerem vorbereitete Übereinkunft bereits in der "Bild"-Zeitung vom Mittwoch als wichtigen Schritt bezeichnet. "Steuerhinterziehung wird viel schwieriger. Das Bankgeheimnis in seiner alten Form hat ausgedient", sagte er. Ganz abschaffen lassen wird sich das Problem der Steuerhinterziehung nach Schäubles Worten aber nicht. Es gebe sicher Menschen, "die neue Ideen entwickeln, bei der Steuer zu betrügen", ergänzte er.

Steuerhinterziehung: Schulterschluss im Kampf gegen Steuersünder
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Austausch von relevanten Daten ab 2017 geplant

Das internationale Abkommen über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen sieht vor, dass die teilnehmenden Staaten jährlich Informationen über Konten und Kontoerträge von Personen untereinander austauschen, die sie sich jeweils von den bei ihnen ansässigen Banken, Versicherungen oder Finanzmaklern beschaffen. Zu den relevanten Daten gehören unter anderem Angaben zu Guthaben und Zins- und Dividendenerträgen. Den Angaben des Bundesfinanzministeriums nach wird in dem Abkommen nun explizit ausgeschlossen, dass Staaten die Beantwortung solcher Anfragen mit der Begründung verweigern, die entsprechenden Informationen befänden sich im Besitz beispielsweise eines Kreditinstituts. Bevor der neue automatische Informationsaustausch starten kann, müssen die Unterzeichner die Regeln in nationales Recht umsetzen und ein entsprechendes System aufbauen. Der Start ist für 2017 vorgesehen.

Die USA sind nicht bei den Unterzeichnern dabei

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem sämtliche EU-Mitgliedsstaaten, die untereinander bereits ein den OECD-Standards entsprechendes System vereinbart haben. Mit dabei sind außerdem so verschiedene Länder und Gebietskörperschaften wie Indien, Liechtenstein und die als Steuerparadiese bekannten britischen Kanalinseln Guernsey und Jersey sowie das britische Überseegebiet der Kaymaninseln, die rechtliche Sonderstellungen haben. Die USA sind nicht mit dabei. Allerdings stützen sie sich bei ihrem Kampf gegen Steuerhinterziehung auf ein Netzwerk aus eigenen bilateralen Abkommen, die als ein Vorbild für die jetzt auf OECD-Ebene unterzeichneten Verträge dienen und ähnliche Absprachen festschreiben. Zwischen den USA und Deutschland greift ein solches Übereinkommen zum Datenaustausch bereits seit 2013.

Deutschland muss auch bei großen Konzernen handeln

Auch die SPD begrüßte die Unterzeichnung des neuen Abkommens. Es sei ein "bedeutender Schritt zur Eindämmung von Steuerbetrug", erklärte der stellvertretende Parteivorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel. Er forderte zugleich weitere Schritte, etwa das Vorgehen gegen "Steuersparmodelle multinational agierender Konzerne wie Amazon und Starbucks". Die Grünen im Bundestag warfen Schäuble vor, er habe beim Thema Bankgeheimnis zu spät gehandelt. Auch bei der Eindämmung legaler Steuervermeidung durch große Konzerne müsse Deutschland "endlich" handeln, erklärte der Finanzexperte der Fraktion, Thomas Gambke. Positiv zu dem Abkommen äußerte sich der Bundesverband Deutscher Banken, in dem die privaten deutschen Geldinstitute organisiert sind. Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer warnte aber davor, dass der Zeitplan zur Umsetzung der Standards zu ehrgeizig sein könnte. "Selbst bei gemeinsamer Anstrengung aller Beteiligten brauchen wir eventuell Übergangsregelungen", erklärte er.

(AFP)
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