Berlin Schwarz-grüne Pläne beim Pasta-Menü

Berlin · In einem bodenständigen Berliner Restaurant werden mögliche neue Bündnisse in der Bundespolitik ausgelotet.

Sollte es nach der Bundestagswahl 2017 eine schwarz-grüne Regierung geben, wird diese vor allem mit einem In-Lokal im Berliner Bezirk Mitte in Verbindung gebracht werden. Rund 30 Bundestagsabgeordnete von CDU und Grünen treffen sich regelmäßig im "Spaghetti-Western" und loten ihre "Schmerzgrenzen" aus, wie es ein Teilnehmer der Grünen formuliert.

Zuletzt trafen sich die schwarz-grünen Pasta-Esser am Mittwochabend. Ins Leben gerufen hatten die Runde der CDU-Sozialexperte Jens Spahn und der Verteidigungsexperte der Grünen, Omid Nouripour. Die Kungelrunde fand sich im Anschluss an die gescheiterten Sondierungsgespräche von Union und Grünen nach der Bundestagswahl 2013 zusammen.

In dieser Woche saß man in gemischten Reihen wieder bei Wein und Nudeln. "Wir wollen ja gerade keine Lager-Bildung und uns persönlich kennenlernen", betont ein Teilnehmer der CDU. Eingeladen hatten die schwarz-grünen Bundestagsabgeordneten den Chef des deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, und den Chef der den Grünen nahestehenden Heinrich-Böll-Stiftung, Ralf Fücks. Das Thema des Abends lautete "Wachstum". Fücks, der ein Buch über grünes Wachstum geschrieben hat, betonte, dass Wachstum stets ökologische Leitplanken benötige.

DIHK-Chef Schweitzer hingegen erklärte, dass Deutschland ohne Wachstum ökonomisch längst kollabiert wäre. Damit waren die alten Fronten klar. Dennoch helfe der Austausch, Brücken zu bauen, versichern die Teilnehmer.

Die Runde nennt sich selbst "Pizza-Connection 2.0". Damit knüpfen die Parlamentarier an die legendäre "Pizza-Connection" aus Bonner Zeiten an. Damals trafen sich unter anderem der heutige Kanzleramtsminister Peter Altmaier, die heutige Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, der heutige Grünen-Chef Cem Özdemir und der heutige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe regelmäßig beim Italiener in Bonn. Unter der Kanzlerschaft von Helmut Kohl dienten die Treffen noch der Erkenntnis, dass die jeweils anderen ganz nette Menschen sein können.

Heute wird man viel konkreter. Die Grünen machen keinen Hehl daraus, dass sie 2017 wieder regieren wollen. Angesichts der Auseinandersetzung mit den Linken in der Opposition um Auslandseinsätze und die Positionierung in der Ukraine-Krise erscheint eine schwarz-grüne Koalition derzeit wahrscheinlicher als ein rot-rot-grünes Bündnis. "Es ist gut, wenn wir eine gemeinsame Diskussionskultur haben, selbst wenn 2017 daraus kein Bündnis werden sollte", sagt ein Grüner.

Während vor 20 Jahren von der Union die jungen Wilden und von den Grünen die Realos zu den Treffen gingen, geht es mittlerweile darum, die Parteien in ihrer Breite miteinander bekannt zu machen. Am Mittwoch waren beispielsweise von den Grünen auch der Finanzexperte Sven-Christian Kindler und Innenexperte Konstantin von Notz dabei. Von der CDU-Seite saßen in der Runde der Düsseldorfer Thomas Jarzombek, Fraktionsvize Nadine Schön und der Frankfurter Abgeordnete Matthias Zimmer.

Auch der thüringische Fraktionschef der Christdemokraten, Mike Mohring, gehört zu dem Kreis. Im Spätsommer stehen in seinem Bundesland Wahlen an. Mohring, der eigentlich als einer der wenigen echten Konservativen in der CDU gilt, deutete mehrfach an, dass er sich ein Bündnis mit den Grünen auf Landesebene vorstellen kann.

Zumal Hessen gerade als gutes Vorbild gilt. Ausgerechnet der hessische CDU-Landesverband, der bei den Grünen über Jahre wegen seiner Hartleibigkeit in Gesellschaftsfragen verschrien war, hat die Grünen erfolgreich umworben. Mittlerweile pflegen Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und sein Stellvertreter Tarek Al-Wazir (Grüne) sogar ein vertrauliches Duz-Verhältnis. Die Umfragewerte beider Regierungsparteien sind seit Start der Koalition gestiegen.

Hessen wäre nicht zum ersten Mal Vorbild für ein neuartiges Regierungsbündnis auf Bundesebene. Die erste rot-grüne Landesregierung war 1985 in Hessen mit dem Grünen Joschka Fischer als Umweltminister zustande gekommen. Im Willy-Brandt-Haus, der SPD-Parteizentrale, wird die Annäherung zwischen CDU und Grünen schon mit Sorge beobachtet.

(qua)
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