Edathy-Affäre Einer belügt den Untersuchungsausschuss

Berlin · Der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann verstrickt sich in Widersprüche - und will sich an vieles nicht erinnern können. Seine Aussagen bedeuten, dass einer von beiden nicht die Wahrheit sagt. Fraktionschef Thomas Oppermann kann vorerst aufatmen.

 Einer lügt. Die Aussagen von Edathy und Michael Hartmann passen nicht zueinander.

Einer lügt. Die Aussagen von Edathy und Michael Hartmann passen nicht zueinander.

Foto: SPD / Montage: RP

Nach der Nacht im Untersuchungsausschuss steht fest, dass einer von beiden lügt: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann widerspricht der Darstellung von Sebastian Edathy, wonach er diesen laufend über den Stand der Ermittlungen in der Kinderporno-Affäre informiert hätte. Aber auch Hartmann verstrickt sich in Widersprüche. Bis halb zwei Uhr morgens ringt der 51-Jährige um seine Glaubwürdigkeit.

Edathy muss sich im Februar wegen Besitzes von kinderpornografischem Material vor Gericht verantworten. Am Donnerstag hatte er im Untersuchungsausschuss des Bundestages ausgesagt, er sei über seinen Parteifreund Hartmann ständig über die Ermittlungen gegen sich informiert gewesen. Das Leck soll der damalige Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, gewesen sein.

Es ist 21.35 Uhr, als der Untersuchungsausschuss im Bundestag mit seiner Befragung beginnt. Das Gremium soll klären, ob während der Ermittlungen gegen Edathy Strafvereitelung oder Geheimnisverrat von Amtsträgern vorliegt. Zu Beginn seines Auftritts wirkt Hartmann gut sortiert, sein Eingangsvortrag ist schlüssig. Er erklärt, dass er und Edathy "weder befreundet waren, noch dass wir uns besonders mochten". Edathy habe sich ihm gegenüber in früheren Jahren "sehr unkollegial verhalten". Das Verhältnis habe sich aber wieder normalisiert. Für viele im Ausschuss ist am Ende nicht plausibel, warum für Hartmann die Vertraulichkeit gegenüber einem Parteikollegen, den er kaum mochte, wichtiger war als die Entlastung der Parteispitzen.

Edathy hatte Hartmann und Ziercke zuvor schwer belastet: Demnach soll Hartmann Edathy über die Ermittlungen schon im November 2013 am Rande des SPD-Parteitags informiert haben. Die Information habe Hartmann vom BKA-Chef selbst erhalten, der ihn anschließend ständig über die Ermittlungen auf dem Laufenden gehalten haben soll. Treffen die Anschuldigungen zu, geht es bei Hartmann und Ziercke um möglicherweise strafbares Handeln.

Stand Dezember 2014: So geht es weiter in der Edathy-Affäre
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Stand Dezember 2014: So geht es weiter in der Edathy-Affäre

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Foto: dpa, bvj hpl

Der Chef der Linkspartei, Bernd Riexinger, hält daher staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Ziercke für geboten. "Es gibt einen plausiblen Verdacht. Wenn Edathy auch nur teilweise recht hätte, wäre Ziercke mindestens Geheimnisverrat, wenn nicht Strafvereitelung im Amt vorzuwerfen", sagte Riexinger. "Ich halte staatsanwaltschaftliche Ermittlungen für unausweichlich." Die zuständige Staatsanwaltschaft Wiesbaden erklärte aber, noch bestehe kein Anfangsverdacht. Erst wenn sich die drei Hauptbeteiligten "in nachvollziehbarer Weise" äußerten, könnte es einen Grund zum Eingreifen geben, sagte ein Sprecher.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann kann indes vorerst aufatmen: Hartmann nahm ihn aus der Schusslinie. Oppermann gab sich gestern selbstbewusst. Dem "Spiegel" sagte er: "Ich bin auch in einem Jahr noch Fraktionschef."

Für die Obfrau der Grünen im Untersuchungsausschuss, Irene Mihalic, geraten nun Ziercke und Hartmann unter Druck. Ihr sei das Verhältnis der beiden nicht klar geworden. Um weiteren Schaden von der Partei abzuwenden, müsse die SPD nun aktiver aufklären helfen, betonte Mihalic.

(RP)
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