"Flüchtlings-Soli" Seehofers schäbiger Vorstoß

Meinung | Berlin · Seehofers "Flüchtlings-Soli" ist mal wieder eine 180-Grad-Wende des CSU-Chefs, die im kollektiven Gedächtnis bleiben wird.

 Horst Seehofer fordert einen "Flüchtlings-Soli". Einen "schäbigen Vorstoß" nennt das unsere Autorin.

Horst Seehofer fordert einen "Flüchtlings-Soli". Einen "schäbigen Vorstoß" nennt das unsere Autorin.

Foto: dpa, shp gfh

Der bayerische Ministerpräsident war es nämlich höchst selbst, der im Frühjahr nach Verhandlungen mit Merkel und Schäuble zur Überraschung der Steuerzahler verkündet hatte, der Solidaritätszuschlag werde in den zehn Jahren ab 2020 schrittweise bis auf Null abgebaut. Seehofer verbuchte das damals sogar als seinen Sieg. Nun aber ist er der erste, der den "Soli" nicht mehr abschaffen, sondern ihn umwidmen will in einen Flüchtlings-Soli.

Diese Ankündigung ist aus mehreren Gründen tatsächlich "schäbig", wie FDP-Chef Lindner richtig kommentiert. Seehofer erklärt erstens einen Wortbruch der Unionsparteien. Die Steuerzahler wissen nun frühzeitig: Auf Steuersenkungs-Versprechen der Union ist einfach kein Verlass. Zweitens verknüpft Seehofer den "Soli" mit den hohen Flüchtlingszahlen.

Aus dem "Soli" wird so ein Flüchtlings-Soli. Viele Bürger, die sich durch die starke Zuwanderung ohnehin überfordert sehen, werden nun einen zusätzlichen Grund haben, gegen die Migranten eingestellt zu sein. Und drittens hatte genau diesen Effekt die Kanzlerin vermeiden wollen, indem sie stets erklärte, wegen der Flüchtlinge werde es keine Steuererhöhungen geben. Seehofer macht ihr nun das Leben wieder einmal schwer, denn auch eine unterlassene Steuersenkung wird empfunden wie eine Steuererhöhung.

Bleibt noch die Frage, ob der Vorstoß Seehofers eigentlich in der Sache Sinn macht. Auch diese Frage muss — viertens — mit Nein beantwortet werden. Die Ausgaben für Versorgung und Integration der Flüchtlinge werden in den ersten Jahren deutlich steigen, das ist absehbar. Sie können für Bund und Länder zusammen schnell auf 20, 30 Milliarden Euro im Jahr oder sogar mehr klettern.

Horst Seehofer im Profil
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Wie hoch die Kosten aber genau sein werden, wird entscheidend davon abhängen, wie schnell und wie gut es gelingt, Migranten in den Arbeitsmarkt zu integrieren und zu Steuerzahlern zu machen. Das ist jetzt noch nicht absehbar. Der Staat sollte sich selbst nicht den Handlungsdruck bei den Integrationsanstrengungen nehmen, indem er sich einfach volle Kassen organisiert. Zudem gibt es in den öffentlichen Haushalten auch Einsparmöglichkeiten, die immer schon, auch vor der Flüchtlingskrise, nicht ausgeschöpft wurden. Seehofers Ruf nach einem Flüchtlings-Soli ist daher auch inhaltlich jetzt nicht gerechtfertigt.

(mar-)
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