Düsseldorf Seine Botschaft war der Leitartikel

Düsseldorf · Bei seinem letzten Besuch im Pressehaus Ende Mai war er körperlich sichtlich geschwächt, aber geistig rege und meinungsstark wie zu früheren Zeiten als Chefredakteur der Rheinischen Post. Joachim Sobotta, bis zuletzt der Redaktion eng verbunden, ist in diesen Tagen im Alter von 85 Jahren gestorben.

Nahezu drei Jahrzehnte stand er bis 1997 für Inhalt und Ausrichtung der Zeitung. Ihm, der die Schrecken von Krieg und Gewaltherrschaft als Kind erlebt hatte, ging Pressefreiheit über alles. Er war überzeugter Demokrat, der seine Rolle als verantwortlicher Redakteur darin sah, die Zeitung als Wegbegleiterin mündiger Leser zu positionieren, die für Werte und Überzeugungen steht und zum Prozess der Meinungsbildung beiträgt.

Er verstand sich stets als erster Journalist seiner Rheinischen Post. Seine vielgelobte, oft spitze Feder entwickelte sich in den Jahren zum Markenzeichen der Zeitung. Kaum ein Tag, an dem Sobotta nicht kommentierte. Seine Leitartikel boten in Zeiten des Wandels und der politischen Umbrüche Orientierung. Seine Art der klugen Abwägung ließ dem Leser Raum, eigene Schlüsse zu ziehen. Seine größte journalistische Herausforderung sah er darin, das Zusammenwachsen Deutschlands zu befördern. Die Wiedervereinigung war für den gebürtigen Niederschlesier das größte Geschenk der Geschichte. Auch deshalb stand er zu Helmut Kohl, den er als Kanzler der Einheit wertschätzte. Für Spötter aus dem Kreis der Kabarettisten, die das anders sahen, hatte Sobotta selbst nur Spott übrig.

Offenheit, ehrliches Interesse auch an den kleinen Dingen, Gradlinigkeit und Diskussionsfreude zeichneten Joachim Sobotta aus. Als Chefredakteur war er vielfältig im Land unterwegs, um mit den Leuten zu sprechen und ihnen zuzuhören. Die Lokalausgaben, bürgernäher als jede andere Berichterstattung, waren ihm wichtig und nach seiner Überzeugung grundlegend für den Erfolg der Zeitung. Im lokalen wie im überregionalen Teil forderte Sobotta ein, was guten Journalismus ausmacht: Sorgfalt und Kenntnis, Weitsicht und Lesernähe, Relevanz und Herz. Als engagierter evangelischer Christ wünschte sich Sobotta für Staat und Gesellschaft ein stärkendes, an christlichen Werten orientiertes Selbstverständnis. Darin sah er den Gegenpol zu radikalen und populistischen Tendenzen. Für den promovierten Juristen Sobotta war stets der freiheitlich verfasste, gestärkte Staat Garant für ein Gemeinwesen des Ausgleichs, das Sicherheit und Wohlstand ermöglicht. Joachim Sobotta leistete in Verantwortung seinen Beitrag zur Stärkung der Demokratie und Entwicklung des Landes. Sein Wirken wurde vielfältig anerkannt - mit dem Theodor-Wolff-Preis für herausragenden Journalismus, mit Auszeichnungen des Bundespräsidenten und des Landes NRW, mit internationalen Ehrungen; er war Ritter der französischen Ehrenlegion. Die Rheinische Post Mediengruppe trauert mit seiner Familie um Joachim Sobotta. Die Herausgeber erweisen der Lebensleistung eines Mannes tiefen Respekt, der wie kaum ein anderer Chefredakteur das Bild der Rheinischen Post nachhaltig geprägt hat.

(RP)
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