Tokio Shinkansen - Japans Technik-Ikone wird 50

Tokio · Anfang Oktober 1964, nur wenige Tage vor den Olympischen Spielen in Tokio. Zum ersten Mal wurde das größte Sportereignis der Welt in Asien ausgetragen. Knapp 20 Jahre zuvor war das Land im Zweiten Weltkrieg noch nahezu völlig zerstört worden. Danach legte Japan eine beispiellose Aufholjagd hin. Mit den Olympischen Spielen sollte gezeigt werden: Japan ist wieder da. Und eines der wichtigsten Symbole dafür war dieser Zug, der Shinkansen, der vor 50 Jahren seinen regulären Dienst aufnahm.

Als der neue Zug enthüllt wurde, war plötzlich die weltweite Branche revolutioniert. Eine Geschwindigkeit von 200 Stundenkilometern, dazu dieses vorher nie gesehene stromlinienförmige Design und dann noch die beispiellose Geräumigkeit. Der Zug aus Japan erschien wie ein Blick in die Zukunft, aber es war die Gegenwart. Da glänzte er in den Blitzlichtern der Kameras auf Gleis 9 am Bahnhof Tokyo Station.

Seitdem ist Japan so etwas wie die Nation der Züge. Eine Technologie, die ursprünglich im 19. Jahrhundert in Europa entwickelt wurde, war durch Japan entscheidend weiterentwickelt worden. Der Shinkansen war nicht nur schneller, sondern bedeutete auf fast allen Ebenen einen Quantensprung. Nicht umsonst wurde der Zug in diesem Sommer zu Japans wichtigster technologischer Innovation des 20. Jahrhunderts gewählt - noch vor den Instantnudeln des Herstellers Nissin Food Products und dem revolutionären Walkman von Sony.

Nicht nur bei der Technik, auch bei Pünktlichkeit und Sauberkeit schaffte der Shinkansen neue Maßstäbe. Bis heute betragen Verspätungen, wenn denn mal welche auftreten, durchschnittlich weniger als 30 Sekunden. Vor jeder Fahrt wird ein Zug innerhalb von wenigen Minuten durchgeputzt, damit er direkt wieder eingesetzt werden kann. Auch die Taktung ist enorm. Zwischen Tokio und den anderen großen Städten fährt zu den Hauptverkehrszeiten alle paar Minuten ein Shinkansen los. Und nicht zuletzt durch ein eingebautes Erdbebenfrühwarnsystem hat es bei den wenigen Unfällen, die über die Jahrzehnte vorgekommen sind, bis heute keinen Todesfall gegeben. Auch beim verheerenden Erdbeben sowie dem dadurch folgende Tsunami 2011 blieb der Shinkansen ohne größere Schäden.

Auch im Ausland soll es mit dem Shinkansen nun vorangehen. Japans Premierminister Shinzo Abe bewirbt die Technologie derzeit in diversen asiatischen Ländern, vor allem im Flächenstaat Indien, wo die Wirtschaft boomt und neue Transportlösungen gebraucht werden. Im US-Staat Texas hat mit japanischer Hilfe gerade ein Bauprojekt für eine neue Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Houston und Dalls begonnen. Ab 2021 soll dort der neueste Shinkansen fahren. Und für das Inland baut Japan unterdessen an einem ganz neuen Zug. Der Maglev, mit Magnetschwebetechnik, soll ab 2027 zwischen Tokio und Osaka fahren. Höchstgeschwindigkeit: Mehr als über 500 Stundenkilometer - Weltrekord.

(RP)
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