Deutschland auf Platz drei bei Waffenexporten Gabriels Rüstungsblockade sorgt für Ärger

Berlin · Der Bundeswirtschaftsminister verzögert nach Angaben der Industrie Ausfuhrgenehmigungen. 2000 Anträge sollen unbearbeitet sein. Die Partner im Ausland produzierten Waffen zunehmend ohne Deutschland, warnen Unionspolitiker.

Die deutsche Rüstungsindustrie
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Foto: dpa, Clemens Niesner

In der großen Koalition ist ein Streit über die deutsche Rüstungsexportpolitik entbrannt. Der zuständige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) verzögert nach Angaben betroffener Unternehmen seit Monaten vorliegende Anträge auf Ausfuhrgenehmigungen. Etwa 2000 Exportanträge sollen sich bereits in Gabriels Ministerium stauen. Das Ministerium wollte diese Angaben weder bestätigen noch kommentieren. Für die Union ist die Klage der Rüstungsbranche jedoch Anlass zur Kritik an Gabriel. "Schon jetzt unterliegen die deutschen Rüstungsexporte den strengsten Restriktionen weltweit. Es besteht daher kein Grund, den Gürtel bei Rüstungsexporten nochmals enger zu schnallen", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer.

Der SPD-Vorsitzende vertritt in der Rüstungsexportpolitik eine restriktivere Linie als sein Vorgänger im Amt, der frühere FDP-Vorsitzende Philipp Rösler. Dies macht sich nun offenbar bei den Genehmigungen für Rüstungsexporte zunehmend bemerkbar. Vor allem Kleinwaffen-Exporte sieht Gabriel kritisch, da sich kaum kontrollieren lasse, in welche Hände sie am Ende gerieten. Auch können Schusswaffen-Exporte viele Opfer kosten, sind für die deutsche Standortpolitik jedoch von nachgeordnetem Interesse.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Freitag bei ihrer Sommer-Pressekonferenz Differenzen innerhalb der Regierung angedeutet. "Wie jetzt jeweils die Rüstungsexportrichtlinien ausgelegt werden im spezifischen Falle, darüber diskutieren wir im Bundessicherheitsrat", hatte Merkel erklärt, "da gibt es unterschiedliche Bewertungen, das ist im Übrigen auch nicht neu in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland". Die geltenden Richtlinien seien aber nicht verschärft worden, betonte Merkel. "Und zu denen steht jedes Mitglied des Bundessicherheitsrats. Damit gibt es schon eine starke Einschränkung von Rüstungsexporten, und an die hält sich auch jeder." In dem Gremium sind das Kanzleramt sowie die Ministerien des Äußeren, der Verteidigung, des Inneren, der Justiz, der Entwicklungshilfe und der Wirtschaft.

Vertreter von Waffenschmieden ließen sich namentlich nicht zitieren, machten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters jedoch deutlich, dass den deutschen Konzernen lukrative Aufträge zu entgehen drohten, weil Gabriel die Ausfuhrgenehmigungen nicht erteile. Manchen Firmen stehe das Wasser bereits bis zum Hals, Arbeitsplätze stünden dort auf dem Spiel.

Vom Antragsstau seien auch Verbündete im Ausland betroffen: Kunden in Frankreich, Belgien und Großbritannien seien verärgert, weil Zulieferungen aus Deutschland auf sich warten ließen. Ohne diese Zulieferungen könnten Waffen nicht fertig produziert werden. So drohten auch im Ausland Vertragsbrüche und Strafzahlungen.

Gabriel hatte es als Schande kritisiert, dass Deutschland zu den weltweit größten Waffenexporteuren zählt. Der SPD-Chef kündigte deshalb eine Beschränkung der Kleinwaffen- und Panzer-Ausfuhren in Länder außerhalb der EU und der Nato an und will dazu die bestehenden Exportrichtlinien restriktiver auslegen. Rüstungsexporte müssen in Deutschland vom Bundessicherheitsrat genehmigt werden.

"Rüstungsexporte sind kein Selbstzweck", sagte Pfeiffer. Die Ukraine-Krise zeige, "dass Deutschland auch aus eigenem Interesse seine Kernfähigkeiten in der Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie aufrechterhalten und weiterentwickeln muss". Fakt sei, dass Deutschland schon heute von seinen Verbündeten nicht mehr als verlässlicher Partner wahrgenommen werde. "Rüstungsprojekte werden bereits ohne deutsche Komponenten geplant. ",German free' wird bei unseren Verbündeten zum Qualitätssiegel", warnte der CDU-Politiker. Die Folgen seien dramatisch. "Ohne leistungsfähige eigene Rüstungsindustrie begeben wir uns in fatale Abhängigkeiten von anderen Ländern", sagte Pfeiffer.

Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte, die Regierung habe auch in der Vergangenheit bereits eine restriktive Rüstungsexportpolitik verfolgt. "Minister Gabriel hat im Rüstungsexportbericht 2013 klargemacht, dass Waffenexporte kein Mittel der Wirtschaftspolitik sind", sagte er. Das Augenmerk bei den Ausfuhrgenehmigungen liege "auf erhöhter Transparenz und bestimmten Aspekten, zum Beispiel einer wirksamen Endverbleibskontrolle". Über Rüstungsexporte entscheide die Bundesregierung jeweils im Einzelfall.

Gabriel werde aber noch in der Sommerpause das Gespräch mit der Rüstungsbranche suchen. "Die Branche und die dort beschäftigten Menschen haben einen Anspruch darauf, dass die Politik ihre Entscheidungen nachvollziehbar trifft", sagte der Sprecher.

(mar)
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