Porträt SPD-Grande Jochen Vogel

Hans-Jochen Vogels Disziplin und Akkuratesse in allen Lebenslagen sind legendär. Deshalb wird der Sozialdemokrat, der in den 80ern Herbert Wehner als Fraktions- und Willy Brandt als Parteichef folgte, kein Problem haben mit den exakten Zeiten für Mittagessen und Abendbrot im Münchner Seniorenstift Augustinum. Vogel, der heute 85 Jahre alt wird, hat mit seiner zweiten Ehefrau Liselotte 2006 aus freien Stücken den Weg ins Heim gewählt. Das Paar lebt auf 81 Quadratmetern – eine Halbierung gegenüber früher –, weshalb Vogel sich vom Großteil seiner Bibliothek getrennt hat.

Hans-Jochen Vogels Disziplin und Akkuratesse in allen Lebenslagen sind legendär. Deshalb wird der Sozialdemokrat, der in den 80ern Herbert Wehner als Fraktions- und Willy Brandt als Parteichef folgte, kein Problem haben mit den exakten Zeiten für Mittagessen und Abendbrot im Münchner Seniorenstift Augustinum. Vogel, der heute 85 Jahre alt wird, hat mit seiner zweiten Ehefrau Liselotte 2006 aus freien Stücken den Weg ins Heim gewählt. Das Paar lebt auf 81 Quadratmetern — eine Halbierung gegenüber früher —, weshalb Vogel sich vom Großteil seiner Bibliothek getrennt hat.

Ebenso selbstbestimmt und bei klarem Verstand, der ihn stets auszeichnete, entschied sich der Paradejurist für den rechtzeitigen Verzicht auf die hohen Ämter in Partei und Fraktion. Der um sechs Jahre ältere Bruder des Christdemokraten Bernhard Vogel (Ministerpräsident in Mainz, später in Erfurt) trat bewusst zur Seite (1990/91), als viele noch sagten: "Wie schade." 1994 verließ er auch den Bundestag.

1960 war Vogel zum jüngsten OB einer Großstadt gewählt worden. In den 70ern amtierte er unter den Kanzlern Brandt und Schmidt als Wohnungsbau- beziehungsweise Justizminister. Nimmermüdes Pflichtbewusstsein, penible Aktenarbeit, Pünktlichkeit, ein oft garstiger Humor sowie der Hang zum Belehren ließen Mitarbeiter stöhnen. Dem Politiker vom Typ Klassenprimus, der im Alter immer stärker auch moralische Instanz ist, blieb 1983 als SPD-Kanzlerkandidat gegen Helmut Kohl das machtvollste politische Amt im Land verwehrt.

Reinhold Michels

(RP)
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