SPD-Kanzlerkandidatur Schulz lehnt Koalitionsaussage ab

Berlin · Der designierte SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat will die nächste Bundesregierung führen – "in welcher Konstellation auch immer". Sigmar Gabriel soll im Wahlkampf eine "dienende Rolle" spielen.

Martin Schulz stellt sich der SPD-Fraktion vor
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Foto: ap, SO

Der designierte SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat will die nächste Bundesregierung führen — "in welcher Konstellation auch immer". Sigmar Gabriel soll im Wahlkampf eine "dienende Rolle" spielen.

Der künftige SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz hat die Abgeordneten auf den Wahlkampf eingeschworen. "Wir wollen, in welcher Konstellation auch immer, den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland stellen", sagte Schulz nach einer Sondersitzung der Bundestagsfraktion. Man werde bis zum Ende der Legislaturperiode den Koalitionsvertrag mit der Union erfüllen, so der bisherige Präsident des Europaparlaments. Eine klare Koalitionsaussage lehnte er ab - man kämpfe für eine starke SPD, sagte Schulz.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte am Dienstag seinen Verzicht auf die Kanzlerkandidatur und seinen Rücktritt als Parteivorsitzender angekündigt. Er soll bereits morgen als neuer Außenminister und Nachfolger von Frank-Walter Steinmeier vereidigt werden, der im Februar als Kandidat von Union, SPD und FDP in der Bundesversammlung zum Bundespräsidenten gewählt werden soll. Ebenfalls morgen soll Brigitte Zypries, die bisherige Parlamentarische Staatssekretärin, das Wirtschaftsministerium von Gabriel übernehmen. Neuer Staatssekretär und Zypries-Nachfolger wird der Sauerländer Dirk Wiese.

Martin Schulz betonte gestern vor der Fraktion, dass er mit der SPD den Anspruch habe, das Land nach der Bundestagswahl am 24. September zu führen. Im Mittelpunkt des Wahlkampfes werde das Thema soziale Gerechtigkeit stehen. Details nannte Schulz nicht. Das wird für die SPD-Vorstandsklausur am kommenden Sonntag in Berlin erwartet. Der 61-Jährige warnte jedoch bereits vor einem Rechtsruck der Gesellschaft. "Die Fliehkräfte der Krise setzen die Kräfte der Demokratiefeinde frei", sagte Schulz in Anspielung auf Aussagen des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke über das Gedenken an den Holocaust.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann betonte, Schulz habe den "vollen Rückhalt" der Partei. Zum künftigen Außenminister Gabriel sagte Oppermann, dieser werde eine "dienende Rolle" im Wahlkampf spielen. Gabriel selbst sagte am Nachmittag, dass er erneut für den Bundestag kandidieren werde und "keine Ausstiegsgelüste" habe.

Unterdessen wies NRW-Ministerpräsidentin und SPD-Vizechefin Hannelore Kraft Darstellungen der CDU und FDP in NRW zurück, wonach sie kaum Einfluss auf Gabriels Entscheidung in der K-Frage gehabt habe. "Ich war eng eingebunden in die Entscheidungsprozesse", sagte die Chefin des mitgliederstärksten Landesverbands. Gabriels Verzicht sei keineswegs ein Indiz dafür, dass sie an Einfluss in der Bundespartei verloren habe; sie habe "schon länger" davon gewusst.

In der Union löst Schulz' Kandidatur Nervosität aus. Manfred Weber, Vorsitzender der EVP-Fraktion im EU-Parlament und stellvertretender CSU-Vorsitzender, sagte unserer Redaktion: "Martin Schulz ist ein ernst zu nehmender Gegner." CDU und CSU müssten deshalb jetzt in den Wahlkampfmodus umschalten. "Dann haben wir aber alle Chancen, gemeinsam mit Angela Merkel zu gewinnen", sagte Weber.

(jd / qua)
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