Innenministerium: "Keine brisanten Inhalte" Stasi-Akten in Bayern ohne Abschrift vernichtet

München (AP) Die in Bayern aufgetauchten Stasi-Akten sind nach Angaben des Landesinnenministeriums ohne Abschrift vernichtet worden. "Der Eindruck, den 'Focus' erwecken will, ist falsch", sagte Ministeriumssprecher Christoph Hillenbrand am Freitag in München.

Das Magazin hatte berichtet, das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz habe sich 1990 etwa 500 brisante Stasi-Abhörprotokolle und Dossiers über westdeutsche Politiker und hohe Beamte verschafft. Abtrünnige Stasi-Offiziere seien mit Bargeld und Stellenangeboten zum Diebstahl aus Akten des DDR-Geheimdiensts veranlasst worden. Die "sensiblen Informationen der Zielkontrollkarten" seien abgeschrieben und vernichtet worden.

Das Ministerium bestätigte zwar, dass so genannte Zielkontrollkarten der Stasi abgeschrieben und an andere Sicherheitsbehörden weitergeleitet worden seien. Darauf seien nur Angaben wie Name und Adresse von Bespitzelten verzeichnet gewesen, aber keine brisanten Inhalte. Mit "Schmutz" hätten die Zielkontrollkarten also nichts zu tun gehabt, erklärte Hillenbrand. Zur Weiterleitung sei das Landesamt für Verfassungsschutz laut Bundesverfassungsschutzgesetz verpflichtet gewesen. Demnach müssten Verfassungsschutzbehörden Bund und Länder über ihre Informationen zur Stasi-Bespitzelung unterrichten.

Im Juli 1990 habe das Landesamt alle verbliebenen Originale und Abschriften von Zielkontrollkarten vernichtet. Alle anderen Akten seien bereits Ende März 1990 auf Weisung des damaligen bayerischen Innenministers Edmund Stoiber vernichtet worden. Damit sei Stoiber einem Beschluss der Bundesregierung gefolgt.

Laut "Focus" wurden die Stasi-Akten in einer "stillgelegten Ziegelei an der bayerisch-sächsischen Grenze und in der Tiefgarage unter dem Rathaus von Hof" übergeben. In die dreimonatige Aktion mit dem Codenamen "Eunova" seien auch CIA-Mitarbeiter eingebunden gewesen.

Den Unterlagen zufolge sei der heutige Bundeskanzler Gerhard Schröder schon 1978 als Juso-Bundesvorsitzender gezielt abgehört und ab 1984 als "Aufklärungsschwerpunkt" eingestuft worden, schreibt das Münchner Magazin. Telefonate des heutigen Bundespräsidenten Johannes Rau seien aus der Handelspolitischen Vertretung der DDR in Düsseldorf abgehört worden.

Hillenbrand erklärte, dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz seien Akten "zugeschwommen". Zu Beschaffung und Übergabe wollte er sich nicht äußern. Was den Inhalt der Unterlagen anbetreffe, so handle es sich um "Vermutungen" des Magazins.

(RPO Archiv)
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