Berlin Steinmeier landet Internet-Erfolg mit Wutrede

Berlin · Von wegen dröge: Beim Wahlkampf lässt sich der Außenminister durch ein Pfeifkonzert anstacheln.

"Hätten wir auf Leute wie die dahinten gehört, wäre Europa heute kaputt", brüllt Außenminister Frank-Walter Steinmeier in die Mikrofone am Rednerpult auf dem Berliner Alexanderplatz. SPD-Anhänger vorne jubeln, das Pfeifkonzert "dahinten" wird nur noch stärker. Über mehrere Minuten zieht sich die lautstarke Auseinandersetzung zwischen Minister und Mob am Montagabend; inzwischen steht der Sieger eindeutig fest: Der empörte Wut-Politiker Steinmeier sprengt die Rekorde für einprägsame Reden beim Internet-Videoportal Youtube. Am Abend bewegten sich die Aufrufe des Mitschnitts auf die Millionengrenze zu.

Während sich Steinmeier von westlichen Kollegen zu viel Nachsicht gegenüber Russlands Präsident Wladimir Putin vorhalten lassen musste, begrüßten ihn die Krakeeler auf dem Alex mit "Kriegstreiber"-Rufen und "Stoppt die Nazis in der Ukraine"-Schildern. Mit erhobenem Zeigefinger reagierte Steinmeier lautstark: "Ihr solltet euch überlegen, wer hier die Kriegstreiber sind! Wer eine ganze Gesellschaft als Faschisten bezeichnet, der treibt den Krieg, der treibt den Konflikt! Ihr habt kein Recht!" Deutschen Sozialdemokraten müsse man nicht sagen, warum sie für Frieden kämpften.

Steinmeier kennt sich aus mit gestelzten Floskeln, wie sie unter Diplomaten üblich sind. Tatsächlich ist er auf seinen emotionalen Ausbruch "nicht stolz", wie er einräumt. Dennoch steht er dazu, gegen Pfeifkonzert und Gebrüll zum lautstarken Gegenangriff übergegangen zu sein. Regierungssprecher Steffen Seibert kommentiert süffisant, das Video stehe für sich und sei "auch laut genug".

(may-)
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