Schätzung Staat kassiert so viel Steuern wie noch nie

Berlin · Steuerschätzer erwarten für 2015 Gesamteinnahmen von knapp 670 Milliarden Euro für Bund, Länder und Gemeinden. Auch die Beitragseinnahmen der Sozialversicherungen dürften dank der verbesserten Prognose stärker steigen.

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Foto: dpa, Armin Weigel

Bund, Länder und Gemeinden können in den kommenden Jahren mit höheren Steuereinnahmen rechnen als bislang prognostiziert. "Da die Bundesregierung einen recht deutlichen Anstieg der Bruttolöhne 2015 prognostiziert, ist bei den Steuern mit einer etwas besseren Einnahmenprognose zu rechnen als im November", sagte Kristina van Deuverden, Steuerschätzerin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.

Auch Heinz Gebhardt, Experte des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsforschungsinstituts, sagte: "Die Bundesregierung erwartet für 2015 einen merklich höheren Zuwachs des nominalen Bruttoinlandsprodukts und einen stärkeren Anstieg der Bruttolöhne als bei der Steuerschätzung im letzten Herbst. Insofern kann mit Mehreinnahmen gegenüber der letzten Steuerschätzung gerechnet werden."

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte in der vergangenen Woche die neue Wachstumsprognose der Regierung vorgelegt, die Grundlage der nächsten Steuerschätzung vom 6. bis 8. Mai in Berlin sein wird. Demnach erwartet Gabriel ein Wachstum von 1,8 Prozent im Jahr 2014 und von zwei Prozent im Jahr 2015. Die für die Steuerschätzung wichtige Bruttolohn- und -gehaltssumme soll 2014 um 2,9 und im kommenden Jahr um 3,5 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahr zulegen - und damit deutlich stärker als bisher prognostiziert. Dank des Aufschwungs hatten die Steuerschätzer ihre halbjährlichen Einnahmeprognosen schon seit 2010 immer wieder leicht nach oben korrigiert.

670 Milliarden Euro erwartet

2015 sind Steuereinnahmen von etwa 670 Milliarden Euro für den Gesamtstaat zu erwarten, hieß es im Kreis der Steuerschätzer. Knapp die Hälfte davon entfielen auf den Bund, der Rest auf Länder, Gemeinden und die EU. Bislang gingen Experten von 663,8 Milliarden Euro aus. Spätestens 2017 dürften die Steuereinnahmen des Gesamtstaats erstmals die Marke von 700 Milliarden Euro überschreiten.

"Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns 2015 wird Auswirkungen auf das Lohnsteueraufkommen haben. Es dürfte durch den Mindestlohn unter dem Strich leicht ansteigen", sagte van Deuverden. Der Mindestlohn trage nicht unerheblich zur Steigerung der Lohnsumme bei, sagte Gebhardt. Allerdings würden Geringverdiener unterdurchschnittlich viel zum Steueraufkommen beitragen, sodass der Mindestlohn-Effekt am Ende eher wenig zum Steuerplus beitragen werde.

Auch die Beitragseinnahmen der Sozialversicherungen dürften dank der verbesserten Prognose stärker steigen als bislang vorhergesagt. "Die erwartete Steigerung der Löhne und Gehälter wird sich voraussichtlich auch positiv auf die Beitragseinnahmen auswirken", sagte van Deuverden. Allerdings könne es nur bei der Krankenversicherung zu geringen Beitragsentlastungen kommen. Auch Gebhardt sagte: ""Im nächsten Jahr dürfte der durchschnittliche Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung um 0,1 oder 0,2 Prozentpunkte sinken."

Experten rechnen mit steigenden Beiträgen

Wegen der geplanten Erhöhung der Mütterrenten und der Einführung der Rente mit 63 komme es beim Rentenbeitrag nicht zu Entlastungen. Dieser hätte ohne das Rentenpaket bereits 2014 deutlich sinken können, so die Ökonomen. "Der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung hätte zu Beginn dieses Jahres ohne das Rentenpaket um schätzungsweise 0,6 Prozentpunkte gesenkt werden können. Dies hätte Arbeitgeber und Arbeitnehmer um je reichlich drei Milliarden Euro entlastet", sagte Gebhardt. Mittel- und langfristig sei aber aus demografischen Gründen wieder mit steigenden Betragssätzen zu rechen.

"Die Steuerschätzung könnte insgesamt etwas besser ausfallen als die bisherige, aber ich erwarte keine großartigen Veränderungen", sagte der Chefhaushälter der Unionsfraktion im Bundestag, Norbert Barthle. "Die Konjunkturprognose sieht gut aus, die Binnennachfrage zieht an. Aber die Krise in der Ukraine oder eine schlechtere Entwicklung in Frankreich könnte auch unser Wachstum dämpfen", warnte Barthle.

(mar)
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