Erich Priebke Streit um Begräbnis des SS-Verbrechers

Rom · Italiener und Deutsche fürchten, dass ein Grab von Erich Priebke zum Anziehungspunkt für Neonazis wird.

Die Gedenkfeiern mit Staatspräsident Giorgio Napolitano zum 70. Jahrestag der Deportation der römischen Juden waren überschattet von der Frage, was mit dem Leichnam des deutschen SS-Verbrechers Erich Priebke geschehen soll. Solange es darauf keine Antwort gibt, steht der Sarg auf einem gut bewachten Militärflughafen 30 Kilometer von Rom entfernt.

Priebke war Ende vergangener Woche 100-jährig in Rom gestorben, wo er als Mitverantwortlicher des Massakers in den Ardeatinischen Höhlen eine lebenslange Haftstrafe im Hausarrest abbüßte. Seine Beerdigung ist ein Politikum. Sowohl in Italien als auch in Deutschland ist die Sorge groß, das Grab des Holocaust-Leugners Priebke könnte zu einer Pilgerstätte für Neonazis werden.

Roms Bürgermeister Ignazio Marino, der eine Beerdigung in der italienischen Hauptstadt untersagt hat, sowie der römische Polizeipräsident Giuseppe Pecoraro erklärten gestern, die Behörden seien mit der Bundesregierung in Kontakt, um den Fall zu lösen. Das Auswärtige Amt in Berlin hingegen teilte mit, es liege keine offizielle Anfrage wegen einer Überführung des Leichnams vor. Die Suche nach einer Grabstätte sei Sache der (in Argentinien lebenden) Angehörigen, in diesem Fall seien freilich die italienischen Behörden gefragt.

In Italien wird über eine Beisetzung Priebkes in seiner brandenburgischen Geburtsstadt Hennigsdorf diskutiert. Weder die Stadtverwaltung noch das Innenministerium sehen dafür aber eine rechtliche Grundlage. Wenn sich eine Bestattung in Brandenburg nicht vermeiden ließe, kommt für Innenminister Ralf Holzschuher (SPD) allenfalls ein anonymes Grab infrage.

Die Auffassung, das Heimatland Priebkes sei moralisch verpflichtet, sich um die sterblichen Überreste des NS-Verbrechers zu kümmern, ist in Italien weit verbreitet. "Kalte Dusche aus Berlin" kommentierte der "Corriere della Sera" die Stellungnahme des Außenministeriums. Priebke gilt in Italien als Symbol der NS-Terrorherrschaft in Italien gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Neofaschisten verehren ihn und feierten seine Geburtstage.

Als am Vortag ein Leichenwagen mit Priebkes Sarg zu einer von den erzkonservativen Piusbrüdern ausgerichteten Trauerfeier in Albano Laziale bei Rom fahren wollte, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen etwa 20 Neofaschisten und 100 Gegnern der Trauerfeier. Dutzende Demonstranten versuchten mit Fußtritten und Faustschlägen gegen den Leichenwagen zu verhindern, dass der Sarg die Kapelle erreicht. Sie riefen bei der Ankunft des Leichenwagens "Mörder" und schwenkten Transparente mit der Aufschrift "Henker Priebke". Die von der katholischen Kirche abgespaltenen Traditionalisten haben einen Sitz in Albano Laziale.

Ein Priester der Piusbruderschaft wurde attackiert, als er das Gebäude betreten wollte. Aus Sorge, der Gottesdienst könne sich in einen Nazi-Aufmarsch verwandeln, sagte Polizeipräsident Pecoraro die Beerdigung am Abend wieder ab und verfügte den Transport des Leichnams auf den Militärflughafen.

(RP)
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