Peking Streit um freie Wahlen in Hongkong

Peking · Peking erlaubt nur selbst ausgesuchte Kandidaten. Die Empörung wächst.

Es gibt nun offenbar doch keine freien Wahlen in Hongkong. Die Bürger dürfen den Regierungschef zwar erstmals in der Geschichte direkt wählen, doch ein Peking-treues Gremium bestimmt zuvor die Auswahl der Kandidaten. Die Demokraten in der früheren britischen Kronkolonie reagierten darauf gestern mit einer Protestwelle. Es droht die offene Konfrontation.

Chinas brisante Entscheidung, freie Wahlen des Verwaltungschefs von Hongkong zuzulassen, stand am Sonntag als letzter Punkt auf der Tagesordnung des Volkskongresses. Doch in der Pressekonferenz in der Großen Halle des Volkes waren die Volkswahlen dann Thema Nummer eins, vor allem für die aus Hongkong angereisten Journalisten. Peking hatte nach Paragraf 45 des Hongkonger Grundgesetzes und nach dem Prinzip "ein Land mit zwei Systemen" schon 2012 allgemeinen Wahlen im kapitalistischen Hongkong zustimmen müssen, die es im eigenen sozialistischen Kernland nicht erlaubt.

2017 dürfen die mehr als fünf Millionen Wahlberechtigten Hongkongs einen der Kandidaten wählen. Er muss von Chinas Zentralregierung bestätigt werden. Doch viel Spielraum haben die Hongkonger nicht. Peking verlangt vom künftigen Verwaltungschef, "jemand zu sein, der sowohl das gesamte Land als auch Hongkong liebt". Er müsse die Zentralregierung und auch die Kommunistische Partei anerkennen und unterstützen, die nach der Verfassung die führende Rolle in der Volksrepublik hat. Die 172 Abgeordneten im Ständigen Ausschuss des Volkskongresses beschlossen einstimmig, ein enges Korsett an Regeln zu schnüren, damit nur Peking genehme Kandidaten zur Wahl aufgestellt werden können. Von Hongkongs wochenlangen Massenkundgebungen, Unterschriftenaktionen für wirklich freie Wahlen und von Bürgerinitiativen angekündigten neuen Demonstrationen ließen sich die Partei-Parlamentarier nicht beirren.

Hongkonger Zeitungen wie die "South China Morning Post" warnen nun vor weiter verschärften Spannungen zwischen Peking und der Hongkonger Demokratiebewegung.

Auch in der Hongkong benachbarten, früheren portugiesischen Kolonie Macau, die 1999 mit einem Sonderstatus zur Volksrepublik zurückkehrte, regen sich inzwischen Bürgerinitiativen mit Forderungen nach der Direktwahl des Verwaltungschefs. Peking und die Behörden Macaus erteilten ihnen eine brüske Abfuhr: Der bisherige Verwaltungschef von Macau, Fernando Chui, wurde im Amt bestätigt.

(RP)
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