London "Terror hat keinen Platz im Islam"

London · Ein pakistanischer Islamgelehrter legt Papier gegen Dschihadisten vor.

Es ist ein trauriger Rekord: 17 Jahre alt war Talha Asmal, als er sich vor ein paar Wochen in der nordirakischen Stadt Bahiji in die Luft sprengte und damit zum jüngsten britischen Selbstmordattentäter wurde. Der Teenager aus dem nordenglischen Dewsbury war durch das Internet radikalisiert worden und hatte sich der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) angeschlossen. Jetzt wollen britische Muslime solchen Fällen ein Ende setzen.

Ein "Islamisches Curriculum für Frieden und Terrorismusbekämpfung" wurde gestern in London vorgestellt. Jeder Muslim in Großbritannien, forderte der Autor Muhammad Qadri, solle in der Schule Unterrichtsstunden zum Kampf gegen den Terror erhalten, um eine Radikalisierung der jüngeren Generationen zu verhindern. Das rund 900 Seiten starke Werk ist das erste seiner Art, das eine theologische Auseinandersetzung mit dem islamischen Extremismus führt. Rund 700 britische Muslime, so schätzen die Sicherheitsorgane, sind bisher nach Syrien gereist, um sich dem IS anzuschließen. Rund die Hälfte von ihnen dürfte zurückgekehrt sein.

Zwar ist nur ein verschwindend geringer Anteil der rund 2,8 Millionen britischen Muslime als extremistisch einzustufen, doch die Islamgläubigkeit hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Gerade für viele junge Mitglieder der zweiten, dritten oder vierten Einwandergeneration stellt der Islam ein Mittel zur Selbstfindung und Identifikation dar. Manche übertreiben es und werden leichte Beute für die Seelenfänger des IS, die mit Propagandavideos und mithilfe sozialer Netzwerke im Internet fleißig rekrutieren.

Premierminister David Cameron hatte kürzlich in einer Rede die islamische Gemeinde aufgefordert, von sich aus aktiv zu werden. Es sei falsch, radikales Gedankengut und extremistische Ideologien "stillschweigend zu billigen". Das "Curriculum gegen den Terror" scheint die postwendende Antwort auf Camerons Appell zu sein.

Der Autor Muhammad Qadri nennt es "Dschihad gegen den Islamischen Staat". Qadri ist ein pakistanischer Jurist und Islamgelehrter, der 2010 Aufsehen erregte, als er eine Fatwa erließ, die Selbstmordattentäter als Feinde des Glaubens geißelte. "Terrorismus ist Terrorismus, und Gewalt ist Gewalt - sie haben keinen Platz in islamischer Lehre und es kann für sie keine Rechtfertigung geben." Fortan widmete er sich der theologischen Widerlegung des islamistischen Terrorismus und predigt die Unvereinbarkeit des Korans mit dem Terror des IS. Er spricht dem IS die Legitimität ab, ein Kalifat zu errichten und gegen muslimische Staaten zu rebellieren. "Wir müssen den jüngeren Generationen vermitteln, allzeit friedlich zu sein und extremistische und terroristische Taten immer zu verurteilen", sagte Qadri.

(RP)
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