Leipzig Terrorverdächtiger reiste zwischenzeitlich nach Syrien

Leipzig · Ein Anschlag war laut Verfassungsschutz binnen weniger Tage möglich. Der Syrer erhängte sich gestern in seiner Zelle.

Der unter Terrorverdacht festgenommene Syrer Dschaber al Bakr, der gestern erhängt in seiner Zelle gefunden wurde, war offenbar nach seiner Ankunft als Flüchtling in Deutschland zwischenzeitlich wieder in Syrien. Das habe die Familie des 22-Jährigen mitgeteilt, berichtete das Magazin "Exakt" des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR). Laut Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wurde al Bakr 2015 von den Sicherheitsbehörden überprüft. "Allerdings ohne Treffer. Es steht ja auch noch gar nicht fest, wann es dort zu einer Radikalisierung gekommen ist", sagte er.

Dem MDR zufolge reiste al Bakr im Herbst vergangenen Jahres zwei Mal in die Türkei und hielt sich auch einige Zeit in der syrischen Stadt Idlib auf. Mitbewohner aus dem nordsächsischen Eilenburg hätten ebenfalls von seinem Aufenthalt in Idlib berichtet. Sie beschrieben den 22-Jährigen aber nicht als besonders religiös. Nach der Rückkehr aus der Türkei soll er sich diesen Angaben zufolge jedoch verändert haben.

Der Syrer war nach einem am Samstag in Chemnitz gescheiterten Zugriff der sächsischen Polizei in der Nacht zum Montag in Leipzig von Landsleuten überwältigt und den Sicherheitskräften übergeben worden. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes hätte der Terrorverdächtige schon innerhalb weniger Tage eine Bombe in Deutschland zünden können. Behördenpräsident Hans-Georg Maaßen sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", seine Behörde habe den Eindruck gewonnen, "dass der Verdächtige schon in dieser Woche einen Anschlag verüben könnte".

Unterdessen wurden Forderungen laut, jene Syrer, die al Bakr überwältigt hatten, mit dem Bundesverdienstkreuz auszuzeichnen. Die Männer hätten diese Auszeichnung verdient, sagte der SPD-Verteidigungsexperte Johannes Kahrs der "Bild"-Zeitung. Auch der CDU-Außenpolitiker Jürgen Klimke sprach sich dafür aus, ebenso wie Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne): "Wichtig ist vor allem, dass die Syrer, die zur Verhaftung des Terrorverdächtigen so heldenhaft beigetragen haben, nun die Zusicherung bekommen, hier in Deutschland bleiben zu können." Das Bundesverdienstkreuz dürfe als Zeichen der Anerkennung dann gerne noch mit dazukommen, sagte Roth.

Innenminister Thomas de Maizière äußerte sich hingegen zurückhaltend: "Eine Anregung an den Bundespräsidenten, einen Orden zu verleihen, kann jedermann geben." sagte er. Aber: "Wenn Menschen, die bei uns leben, bei öffentlichen Fahndungsaufrufen den Sicherheitsbehörden helfen, und das möglicherweise auch unter Inkaufnahme der Gefahr für sie selbst, dann verdient ein solches Verhalten Lob und Anerkennung."

Dschaber al Bakr hatte die drei Syrer bei seiner Vernehmung nach dpa-Informationen seinerseits der Mitwisserschaft beschuldigt.

(dpa)
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