Affäre Edathy Thomas Oppermann steht im Zentrum der Kritik

Berlin · Der SPD-Fraktionschef muss um sein Amt kämpfen. Vor allem die CSU schießt gegen ihn.

SPD-Fraktionschef ließ nach Sicht der CSU Innenminister Hans-Peter Friedrich über die Klinge springen.

SPD-Fraktionschef ließ nach Sicht der CSU Innenminister Hans-Peter Friedrich über die Klinge springen.

Foto: afp, eis ej/KG/agz

Dem Fraktionschef der SPD im Bundestag, Thomas Oppermann steht eine harte Woche bevor. Nach dem Rücktritt von Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich ist er der neue Lieblingfeind der CSU. Aus Sicht der CSU kann die Affäre nicht damit beendet werden, dass ein SPD-Abgeordneter mutmaßlich kinderpornografische Schriften kaufe und die einzige Konsequenz darin bestehe, dass ein CSU-Minister zurücktreten müsse. Die Bayern fordern bislang indirekt, dass nun auch der SPD-Fraktionschef zurücktritt.

Die Wut der CSU auf Oppermann ist groß, da er indirekt für Friedrichs Rücktritt verantwortlich gemacht wird. Oppermann hatte vergangene Woche in einer Erklärung öffentlich gemacht, dass er vom damaligen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) während der Koalitionsverhandlungen im Oktober 2013 informiert worden war, gegen den SPD-Parlamentarier Sebastian Edathy könnten Ermittlungen eingeleitet werden.

Am Dienstag muss Oppermann sich erklären

Nach Informationen unserer Redaktion stand Oppermann schon vergangene Woche unter Druck, da ihm zu dem Thema ein umfassender Fragenkatalog eines Mediums vorlag. Der SPD-Fraktionschef weist den Vorwurf des Foulspiels zurück und beruft sich darauf, er habe Friedrich vorab über die öffentliche Erklärung informiert. Das bestreitet Friedrich nicht, beklagt allerdings, Oppermann habe "nicht ganz fein" gehandelt.

Der SPD-Fraktionschef, der auch in den eigenen Reihen als harter Hund gilt, wird sich am Dienstagabend im Koalitionsausschuss und bei einer aktuellen Stunde im Bundestag erklären müssen. In der Sache Edathy steht er unter dem Druck, glaubhaft machen zu müssen, dass durch sein Handeln oder das Handeln der SPD-Spitze der frühere Bundestagsabgeordnete nicht vorgewarnt wurde. "Ich bin absolut sicher, dass keiner von uns Sebastian Edathy irgendeinen Hinweis gegeben hat", sagt Oppermann.

Auch der Landesminister wusste Bescheid

Politiker aus Union und Opposition forderten Oppermann und weitere SPD-Spitzenpolitiker auf, dazu eine eidesstattliche Erklärung abzugeben. Sie sollten versichern, dass sie Ende 2013 tatsächlich keine Informationen über die Ermittlungen durchgestochen hätten. Die Opposition forderte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Aufklärung auf.

In der Affäre rücken die SPD und Niedersachsen in den Fokus: Oppermann kommt — wie auch Edathy — aus Niedersachsen. Neben den SPD-Oberen in Berlin wusste auch der niedersächsische SPD-Innenminister Boris Pistorius über die Aktivitäten der Staatsanwaltschaft im Fall Edathy Bescheid. Die Lokalzeitung "Die Harke", die als erste die Affäre öffentlich machte, beruft sich auf Kreise der Landes-SPD.

Oppermann und Edathy waren Konkurrenten

Vor dem Innenausschuss am Mittwoch wird Oppermann erklären müssen, warum er in der Sache Edathy im vergangenen Herbst den Präsidenten des Bundeskriminalamtes anrief. "Wenn es Herrn Oppermann in seinem Anruf bei BKA-Chef Jörg Ziercke darum ging, abzufragen, ob seine Informationen über Sebastian Edathy richtig sind, dann war sein Motiv, Herrn Ziercke zu verleiten, Amtspflichten zu verletzen", sagte der Vorsitzende des Innenausschusses Wolfgang Bosbach unserer Redaktion. Anders könne der Anruf nicht bewertet werden. "Oppermann wollte offensichtlich etwas wissen, was unter die Verschwiegenheitspflicht fällt", betonte Bosbach. Das Pikante sei, dass zum Zeitpunkt des Anrufs im Oktober 2013 "Oppermann und Edathy durchaus Konkurrenten waren, denn beide wollten als Innenpolitiker in der SPD Karriere machen". Die Sitzung am Mittwoch wird spannend: Auch BKA-Chef Ziercke ist eingeladen.

Der gewiefte Fraktionschef hat seine Verteidigungslinie schon abgesteckt. Er verweiset darauf, dass er damals als Parlamentsgeschäftsführer die Aufgabe gehabt habe, sich zu kümmern, wenn einzelne Abgeordnete in Schwierigkeiten geraten. "Deshalb habe ich bei Herrn Ziercke angerufen, um die Sache einordnen zu können."

"Eklatanter Mangel an Rechtsverständnis"

Neben den vielen Detailfragen, die es zu klären gilt, geht es vor allem um die Atmosphäre in der großen Koalition. In der CSU herrscht die Meinung, dass sie nicht die derzeitige Lage akzeptieren wird, wonach Friedrich das einzige politische Opfer der SPD-Affäre bleibt.

Auch die Oppositionsparteien schießen sich auf Oppermann ein. "Oppermann tut so, als ob der Verrat von Dienstgeheimnissen erlaubt wäre, solange es der SPD nutzt", sagte Linken-Chef Bernd Riexinger unserer Redaktion. "Das ist ein eklatanter Mangel an Rechtsverständnis", betonte er. Oppermann könne sein Amt nicht mehr richtig ausfüllen. "Jede Einlassung bringt neue Widersprüche. Er wird zur Belastung für die Regierung."

(qua)
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