Kolumne Gesellschaftskunde Til Schweiger sollte erst mal machen dürfen

Til Schweiger engagiert sich für Flüchtlinge und gerät im Fernsehen mit einem Politiker aneinander. Ein Macher empört sich über einen Bürokraten - und artikuliert einen Frust, der oft in Politikverdrossenheit mündet.

Til Schweiger: Mit diesen Sätzen sorgt er für Furore
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Foto: Screenshot ARD

Til Schweiger mag Action. Er hat die liebste Sonntagsunterhaltung der Deutschen, den Bieder-Krimi "Tatort", zum Baller-Thriller hochgetunt. Und nun war er zu Gast in der Talkshow von Sandra Maischberger, um über sein geplantes Flüchtlingsheim im Harz zu sprechen, und hat auch dort mal um sich geschlagen. Mit Worten.

Denn in der Runde saß auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Der wischte Schweigers Vorschlag, den Solidaritätszuschlag doch beizubehalten und künftig für Flüchtlinge auszugeben, ziemlich überheblich vom Tisch. Da machte sich Schweiger Luft: "Sie gehen mir auf den Sack, echt", lautete die erste Attacke. Und als Scheuer mit scheinheiliger Sanftmut wissen wollte, wann Schweiger denn sein privates Flüchtlingsheim zu eröffnen gedenke, sagte der, was er in diesem Moment wohl dachte: "Ich find' das so geil, Ihren süffisanten Blick, weil Sie mich jetzt vorführen wollen." Ein erfolgreicher Filmunternehmer mit dem Ego des Kämpfers für die gute Sache begegnet einem blasierten Bürokraten im gehobenen Dienst und hat keine Lust, sich von oben herab behandeln zu lassen. Darum ging es bei diesem Schlagabtausch.

Und es entlud sich in Schweigers genervten Ausfällen ein Frust, der sich bei Bürgern, die keine Bühne im Fernsehen bekommen, in Politikverdrossenheit niederschlägt. Es geht um das Gefühl vieler Menschen, dass mit ein bisschen Tatkraft und gutem Willen in der Welt viel zu verändern wäre, dass die Politiker aber nur ihre Wiederwahl im Sinn hätten. Früher wurden solche Befindlichkeiten am Stammtisch geäußert. Heute geschieht das in den Talk-Runden im TV.

Die Kontrahenten bei Maischberger haben die Flüchtlingsdebatte um keinen Schritt vorangebracht. Und die Weltkrisentheorien, zu denen sich Schweiger dann noch verstieg, waren abenteuerlich bis peinlich. Doch was Schweiger zu Recht auf die Palme bringt, ist der Argwohn gegenüber seinem Engagement. Der Filmemacher ist ein empörter Bürger, der rechten Pöbeleien gegen Flüchtlinge etwas entgegensetzen will. Und er ist eben nicht nur betroffen, sondern handelt. Bei Maischberger kündigte er an, noch diese Woche eine Stiftung zu gründen und das Flüchtlingsheim anzugehen, sobald rechtliche Fragen geklärt sind. Das ist ein Wort. Es sollte erst mal gelten dürfen.

Schweiger ist ein Rüpel, er ist selbstherrlich und gefällt sich als Macher. Doch er ist eben kein Taktiker. Das unterscheidet ihn von Vertretern der Politik. Man muss Schweigers Art nicht mögen. Messen sollte man ihn an seinen Taten.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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