Streit über Sonderabgabe für Autofahrer Ex-Minister Friedrich legt Albig den Rücktritt nahe

Berlin · Neue Debatte über Zusatzlasten für Autofahrer: SPD-Ministerpräsident Albig fordert eine Sonderabgabe für alle Nutzer in Deutschland und steht tags darauf im Sturm der Kritik. Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich EU-Kommissar Oettinger will eine einheitliche Abgabe in ganz Europa,

EU-Kommissar Günther Oettinger brachte eine "einheitliche Straßenbenutzungsgebühr für den europäischen Binnenmarkt" ins Spiel. Weil es längst keine Grenzkontrollen mehr gebe, bezeichnete er die Vorstellung von 28 verschiedenen Mautsystem als "grotesk". Für Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter ist Oettingers Anregung "total undurchdacht". In Ländern wie Italien gebe es eine streckenabhängige, in Ländern wie Österreich eine nutzungszeitabhängige Maut. Es sei "schwer vorstellbar, die unterschiedlichen Modelle in ein einheitliches System pressen zu wollen", sagte er unserer Redaktion.

Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) sah in Oettingers Anregung eine erneute "eindrucksvolle Demonstration, dass sich die EU-Kommission in Dinge einmischt, die sie nichts angeht". Die CSU hatte im Koalitionsvertrag die Einführung einer Maut für ausländische Autobesitzer durchgesetzt.

"Zur Kasse bitten"

Fragen und Antworten zur Pkw-Maut
Infos

Fragen und Antworten zur Pkw-Maut

Infos
Foto: dpa, Marius Becker

Schleswig-Holsteins SPD-Ministerpräsident Torsten Albig erweiterte diesen Ansatz um eine Sonderabgabe von rund 100 Euro für alle Nutzer von Straßen in Deutschland. Dieses Geld solle dann in einen Sonderfonds "Reparatur Deutschland" fließen und zu jenem Finanzaufwand von jährlich sieben Milliarden Euro beitragen, der zusätzlich nötig sei, um die Verkehrswege in Deutschland funktionsfähig zu halten. Die CSU wies dieses Ansinnen scharf zurück. "Da kenne sich noch einer aus bei den Genossen: Erst sich mit Händen und Füßen gegen eine Pkw-Maut sträuben, dann wieder alle deutschen Autofahrer zur Kasse bitten", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer unserer Redaktion. "Wir wollen Gerechtigkeit und keine neue Abgabe für die deutschen Autofahrer", betonte Scheuer. Friedrich legte Albig sogar den Rücktritt nahe: "Regierungen, die trotz sprudelnder Steuereinnahmen die Infrastruktur nicht in Ordnung halten können, müssen abtreten", sagte der CSU-Politiker.

Die Grünen stellten sich gegen Albigs Abgabenpläne, weil derzeit noch viel Geld von der öffentlichen Hand verschwendet und zu viel in unnötige Neubauvorhaben gesteckt werde. "Auch Schleswig-Holstein träumt von Straßenneubauten, deren Sinn nicht erwiesen ist", sagte Hofreiter. Vorrangig gehe es um einen vernünftigen Umgang mit dem vorhandenen Geld, um eine ordentliche Prioritätensetzung und einen Ausbau der Lkw-Maut.

Wittke spricht vom schwarzen Loch

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Düsseldorfer Landtag, Dieter Hilser (SPD), schätzt die Finanzierungslücke bei der Infrastruktur in NRW auf 1,5 bis zwei Milliarden Euro pro Jahr. "Klar ist: Wir brauchen mehr Geld", sagte Hilser. Statt einer Pkw-Maut fordert er die Ausweitung der Lkw-Maut. "Wir brauchen die Lkw-Maut auf sämtlichen Straßen und für alle Lkw ab 3,5 Tonnen", so Hilser. Ähnlich argumentierte zuvor auch NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD): "Der Lkw-Verkehr fügt den Straßen den größten Schaden zu. Deshalb muss er auch stärker als andere am Erhalt beteiligt werden."

Der CDU-Abgeordnete und ehemalige NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke beschrieb die wichtigste Herausforderung auf einer Länderkonferenz in Düsseldorf mit den Worten: "Wir müssen die Finanzierung der Infrastruktur vom allgemeinen Bundeshaushalt trennen. Sonst verschwindet das Geld in einem großen schwarzen Loch."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort