Washington/Berlin Trump provoziert Chaos und Protest

Washington/Berlin · Das vom US-Präsidenten verfügte Einreiseverbot für Muslime trifft nicht nur Syrer, Iraner oder Iraker unvorbereitet. Auch die Wirtschaft ist entsetzt. Bundeskanzlerin Merkel hält den Bann für falsch.

Washington/Berlin: Trump provoziert Chaos und Protest
Foto: KAMIL KRZACZYNSKI

US-Präsident Donald Trump hat mit seinem Einreiseverbot für viele Muslime international Besorgnis und Proteste ausgelöst. Ein New Yorker Gericht bremste den Einreisestopp in der Nacht zum Sonntag allerdings. Der Entscheid legt nahe, dass der Erlass gegen die US-Verfassung verstößt.

Trump schrieb gestern auf Twitter: "Unser Land braucht starke Grenzen und extreme Kontrollen, JETZT. Schaut euch an, was in Europa und der Welt passiert - ein entsetzliches Chaos!" Rechtspopulisten und Rechtsextreme aus ganz Europa stimmten dem US-Präsidenten zu.

Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe ihr Bedauern über die Entscheidung am Samstag in einem 45-minütigen Telefonat mit Trump ausgedrückt. "Sie ist überzeugt, dass auch der Kampf gegen den Terrorismus es nicht rechtfertigt, Menschen einer bestimmten Herkunft oder eines bestimmten Glaubens unter Generalverdacht zu stellen." SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz erklärte: "Das ist ein Tabubruch, der unerträglich ist."

Trump hatte als ein Kernstück seines Anti-Terror-Kampfes einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus Syrien, dem Iran, dem Irak, dem Sudan, Somalia, Libyen und dem Jemen verfügt. Flüchtlinge aus aller Welt sind für 120 Tage ausgesperrt, jene aus Syrien sogar auf unbestimmte Zeit. Die Anordnung hatte zur Folge, dass Einreisende nach ihrer Ankunft auf US-Flughäfen in Gewahrsam genommen und am Verlassen des Transitbereichs gehindert wurden.

Auf Betreiben von Bürgerrechtsorganisationen verfügte das Gericht in New York, dass seit Freitag in den USA eingetroffene Flüchtlinge oder Besucher aus den vom Bann betroffenen Ländern zunächst nicht in ihre Heimat zurückgeschickt werden dürfen. Voraussetzung ist der Besitz eines gültigen Visums oder einer Greencard, der Schutzstatus des Flüchtlingsprogramms der USA oder eine andere offizielle Berechtigung, in die USA einzureisen. Ob der Erlass tatsächlich gegen die Verfassung verstößt, soll im Februar geklärt werden.

An Flughäfen in mehreren US-Städten protestierten Tausende Menschen gegen die Einreiseverbote, allein mehr als 1000 am New Yorker Flughafen JFK. Als erste politische Konsequenz lässt der Iran nun selbst keine US-Bürger mehr einreisen. Außenminister Mohammed Dschawad Sarif betonte jedoch, alle Amerikaner mit gültigem Visum seien weiter herzlich willkommen.

Trump will die Verbote erst wieder aufheben, wenn "angemessene" Überprüfungsmechanismen aus seiner Sicht sicherstellen, dass keine "radikalen islamischen Terroristen" in die USA gelangen. Die Maßnahmen funktionierten "sehr schön" - das könne man auf den Flughäfen sehen, erklärte er gestern.

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) und sein niederländischer Amtskollege Bert Koenders forderten Aufklärung darüber, "welche Folgen das US-Dekret für unsere Bürgerinnen und Bürger mit doppelter Staatsangehörigkeit hat". Sie verwiesen außerdem darauf, dass der Schutz von Flüchtlingen ein völkerrechtlich bindendes Gebot sei, das nicht zur Disposition gestellt werden dürfe.

(RP)
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