Charlottesville Trump und der rechte Terrorismus

Charlottesville · Die Regierung tut sich schwer damit, Verbrechen von Amerikanern im Land als Terrorismus zu bezeichnen - auch wenn sie Todesopfer fordern.

Auf dem Straßenpflaster liegen Sonnenblumen. Ein Farbfoto zeigt eine junge Frau mit rötlichem Haar und neugierig offenem Blick. Auf einem Stück Pappkarton steht, dass es für Hass keinen Platz geben darf. Seit Sonntag, als die Behörden den Namen des Opfers eines rechtsradikalen Terrorangriffs bekannt gaben, ist im Zentrum von Charlottesville ein provisorischer Schrein für Heather Heyer entstanden. Wenige Meter entfernt von der Stelle, an der sie ums Leben kam, Water Street, Ecke Fourth Street, in einer schattigen Fußgängerzone.

Heyer, 32 Jahre alt, war Anwaltsgehilfin einer lokalen Kanzlei, der Miller Law Group. Ihr Mentor sagt, dass sie nicht nur korrekt arbeitete, nicht nur auf das Kleingedruckte zu achten verstand, sondern vor allem auch gut mit Leuten konnte. Deshalb habe er sie einst eingestellt, sagt Alfred A. Wilson, obwohl ihr jede juristische Ausbildung fehlte, obwohl sie nur einen High-School-Abschluss besaß und sich als Kellnerin durchschlagen musste. Heather Heyer, so der afroamerikanische Jurist gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, habe Mandanten stets das Gefühl gegeben, dass sie ihr gegenüber in aller Offenheit reden konnten, geradeheraus, ohne Schnörkel, ohne Umschweife.

Sie habe sich, so schildert es ihr Vater, voller Leidenschaft um andere gekümmert. Für andere da zu sein, für sie sei das kein Lippenbekenntnis gewesen, sagt Mark Heyer. "Es war echt. Sie wollte helfen." Marissa Blair, eine Freundin, mit der Heather am Sonnabend durch die Straßen von Charlottesville zog, nachdem eine Kundgebung von Neonazis im Zuge einer Gewaltorgie abgebrochen wurde, beschreibt sie als einen Menschen, der es nicht mit ansehen konnte, wenn Unrecht geschah. Diskriminierung jeglicher Art habe sie nicht ertragen können. Deshalb sei sie mitmarschiert, als es galt, weißen Überlegenheitsfanatikern die Stirn zu bieten.

Dass James Fields, der 20-Jährige aus Ohio, der mit seinem Auto in eine Menschenmenge raste und Heyer dabei tödlich verletzte, der rechtsradikalen Szene zuzuordnen ist, steht inzwischen außer Zweifel. Er war dabei, als sich die extreme Rechte in einem Park im Zentrum von Charlottesville versammelte, um gegen den Abriss eines Denkmals des Bürgerkriegsgenerals Robert E. Lee zu protestieren. Aufnahmen amerikanischer Fernsehsender zeigen, wie er, bewaffnet mit einem Schild samt Runenwappen, in einer Reihe von "Vanguard America" steht, einer Gruppe von Neonazis. Deren Motto, "Blut und Boden", war einer der Sprechchöre, wie sie die Fanatiker am Wochenende immer wieder aufs Neue skandierten.

Fields wuchs bei einer alleinerziehenden Mutter auf. Seinen Vater, noch vor der Geburt des Jungen bei einem Autounfall verunglückt, hat er nie kennengelernt. In seiner Schule fiel er etwa ab der neunten Klasse durch Sympathien für die Nazis auf. Fields sei bei Weitem nicht der einzige Schüler gewesen, der sich für Deutschland und den Zweiten Weltkrieg interessiert habe, blendet einer seiner Lehrer im Gespräch mit der Zeitung "Cincinnati Enquirer" zurück. Mit der Zeit aber habe er sich auf eine Weise in die Verherrlichung deutscher Kriegssymbole hineingesteigert, dass er unverblümt rassistische Gedanken zu äußern begann. Nach der High School ging Fields zur Armee, die ihn allerdings nach knapp vier Monaten aus ihren Reihen ausschloss. Er sei aus dem aktiven Dienst entlassen worden, weil er die Ausbildungsstandards nicht erfüllt habe, erklärt eine Sprecherin des Militärs so knapp wie vage.

US-Justizminister Jeff Sessions fand gestern dagegen deutliche Worte für die Gewalt bei den politischen Kundgebungen in Charlottesville. Sessions sagte dem Sender ABC, die Tat von James Field lasse sich laut Gesetz als "heimischer Terrorismus" definieren. Sessions' Einordnung ist politisch wichtig. Anders als etwa bei der Zuschreibung von islamistisch motiviertem Terrorismus tut sich die Trump-Regierung sehr schwer, in den USA von Amerikanern begangene Verbrechen als Terrorismus zu bezeichnen.

US-Präsident Donald Trump äußerte sich anfangs nicht eindeutig zu den Vorfällen in Charlottesville. Er wurde scharf kritisiert, dass er Rassismus und Rechtsextremismus nicht beim Namen genannt, sondern die Gewalt "vielen Seiten" zugeschrieben hatte. In einem neuen Statement räumte Trump gestern dann ein: Neonazis, der Ku-Klux-Klan oder andere Gruppen voller Hass hätten keinen Platz in Amerika. "Rassismus ist böse und diejenigen, die in seinem Namen Gewalt anwenden, sind Kriminelle und Verbrecher."

(RP)
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