Washington Trump verkleinert Naturschutzgebiete

Washington · Laut dem US-Präsidenten sollen die Flächen frei werden, damit Einheimische wandern und jagen gehen können. Umweltschützer und Ureinwohner widersprechen: Es gehe ausschließlich um wirtschaftliche Interessen.

Um zu ermessen, was auf dem Spiel steht beim Tauziehen um die Bears Ears, braucht man nur Terry Tempest Williams zu lesen. Dies sei eine Landschaft majestätischer Stille, schreibt die Buchautorin und Umweltaktivistin aus Utah. Wer vor ihren prähistorischen Zeichnungen auf rotem Fels stehe, dem werde eindrucksvoll vor Augen geführt, "wer vor uns da war und wer nach uns kommen wird".

Mehrere Indianervölker im Südwesten der Vereinigten Staaten, die Hopi, die Navajo, die Ute und die Zuni, sehen in dem Landstrich um zwei markante Bergkuppen, die mit etwas Fantasie an Bärenohren denken lassen, ein unantastbares Refugium. Auch weil sie dort Rituale zelebrieren, um die spirituelle Nähe zu ihren Vorfahren zu fühlen. Vor allem aber, beschreibt Shaun Chapoose, ein Sprecher der Ute, "ist es so, als würde man geradewegs in ein Museum laufen". Das Naturschutzgebiet westlich der Rocky Mountains steckt voller Schätze, von Figuren, die vor Jahrtausenden in den Stein geritzt wurden, bis hin zu archäologisch wertvollen Tonscherben.

Kein Wunder, dass Proteste laut werden, nachdem Donald Trump einen Schritt seines Vorgängers rückgängig machte und grünes Licht für die wirtschaftliche Nutzung weiter Teile des Bears-Ears-Areals gab. Auf der Zielgeraden seiner Präsidentschaft hatte Barack Obama das weltenferne Terrain mit seinen verwitterten Sandsteinfelsen, seinen Hochebenen und einem Labyrinth aus tief eingeschnittenen Canyons zum Nationaldenkmal erklärt. Damit galten die strengen Regeln eines Nationalparks, wobei der einzige Unterschied im Prozedere besteht: Über Nationalparks hat der Kongress zu entscheiden, Nationaldenkmäler kann der Präsident gemäß einem Gesetz aus dem Jahr 1906 in Eigenregie deklarieren.

Trump hebt den Status zwar nicht für das gesamte Bärenohren-Gebiet auf, wohl aber zu 85 Prozent. Bei den Indianern weckt es die Befürchtung, dass demnächst Bergwerkskonzerne anrücken, um nach Uran zu schürfen. Ein zweites Naturschutzgebiet, Grand Staircase-Escalante, nördlich des Colorado River gelegen und 1996 von Bill Clinton zum "National Monument" erklärt, wird auf die Hälfte seiner bisherigen Größe reduziert. Dort befinden sich unter anderem reiche Kohlevorkommen.

Folgt man Trumps Rhetorik, dann ist es die Korrektur einer Schieflage, bei der ein arroganter Uncle Sam den einzelnen Bundesstaaten aus der Ferne diktiert, was sie zu tun und zu lassen haben. "Einige Leute glauben, die Naturreichtümer Utahs sollten von einer Handvoll Bürokraten in Washington kontrolliert werden", polterte der Staatschef am Montag im Parlament Utahs in Salt Lake City. "Und wissen Sie was? Die liegen falsch." Etliche Auflagen seien unsinnig, sowohl Clinton als auch Obama hätten schweren Missbrauch mit einer 100 Jahre alten Novelle betrieben.

Während die konservativen Lokalmatadoren, die im Mormonenmilieu Utahs den Ton angeben, applaudieren und Rancher den Wegfall von Restriktionen bejubeln, wollen sich Umweltschützer und Ureinwohner mit juristischen Mitteln wehren. Eine Koalition von zehn Ökogruppen reichte noch am Abend der Entscheidung bei einem Gericht in der US-Hauptstadt Klage ein. Das Argument des Weißen Hauses, wonach die vermeintlich überrollten Einzelstaaten wieder zu ihrem Recht kommen müssen, hält sie für Augenwischerei. In Wahrheit gehe es allein um wirtschaftliche Interessen, betont Heidi McIntosh, eine Anwältin des Bündnisses, um einen "skandalösen Angriff auf Amerikas Natur- und Kulturerbe".

Setzt sich die Regierung in Utah durch, fürchten ihre Kritiker, wären die sprichwörtlichen Schleusen geöffnet. Innenminister Ryan Zinke hat auch andere Naturschutzgebiete, die meisten im Westen der USA, bereits unter die Lupe genommen, um Minenbetreibern und Ölgesellschaften womöglich entgegenzukommen. Was dem Sprecher des Ute-Stammes im Augenblick die meisten Sorgen bereitet, ist eine Invasion moderner Plünderer rund um die Bears Ears. "Jeder Grabräuber, jeder Antiquitätenhändler, der einen schnellen Dollar machen will, wird sich nehmen, was noch zu holen ist", orakelt Shaun Chapoose.

(RP)
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