Washington Trumps Tabubruch

Washington · Der republikanische Präsidentschaftskandidat will das US-Wahlergebnis im Falle einer Niederlage nicht anerkennen. Er wittert Betrug.

Es dauert eine Stunde, bis Donald Trump die Brücken sprengt, die ihm der Moderator baut. Ob er sich ein Beispiel an seinem Vize Mike Pence und seiner Tochter Ivanka nehmen und sich dazu bekennen wolle, dass er das Wahlergebnis ohne Einschränkungen akzeptiere, fragt Chris Wallace, der wohl seriöseste Journalist des oft prägnant parteiischen konservativen Senders Fox News. "Ich werde es mir anschauen, wenn es so weit ist", erwidert Trump.

Was er bisher gesehen habe, sei schlimm, poltert er. Insbesondere die Medien seien derart unaufrichtig, derart korrupt, sie hätten die Hirne der Wähler vergiftet. "Aber mein Herr", hakt Wallace nach, "zu den Dingen, auf die dieses Land stolz ist, gehört die friedliche Übergabe der Macht." Egal wie hart es im Wahlkampf zur Sache gehe, am Ende gratuliere der Verlierer dem Sieger. Ob Trump etwa sagen wolle, dass er sich diesem Prinzip nicht verpflichtet fühle. "Ich sage es Ihnen, wenn es so weit ist", wiederholt der Bauunternehmer. "Ich lasse es in der Schwebe für euch, okay", fügt er hinzu. "Das ist ja entsetzlich", schiebt Hillary Clinton ein, wohl schon ahnend, dass auch das dritte und letzte TV-Duell mit ihrem Opponenten für sie gelaufen ist.

Dass Trump vor großem Publikum die Komplott-Theorien aufwärmen würde, die er vor seinen Fans auf Wahlkampfbühnen streut, damit hatten die wenigsten gerechnet. Wieder spricht der Geschäftsmann, ohne jeden Beleg, von "Millionen von Leuten", deren Namen in den Wahlregistern stünden, obwohl sie dort nichts zu suchen hätten. Gemeint sind offenbar illegale Einwanderer, von denen er behauptet, dass sie das Votum zugunsten seiner Rivalin drehen.

Es ist der Moment, der alles in den Schatten stellt. Der, so orakeln deprimierte Republikaner, ihren Kandidaten endgültig um alle Siegchancen gebracht haben dürfte. Manch einer erinnert an das Lochkartendrama des Jahres 2000, nur um deutlich zu machen, was die damaligen Rivalen, bei aller Härte der Auseinandersetzung, von einem Donald Trump trennt.

Das Rennen zwischen Al Gore und George W. Bush war so knapp, dass Florida zum Zünglein an der Waage wurde. Es ging um 387 Stimmen, mit denen Bush dort vor Gore führte. Als Zweifel aufkamen, ob die Lochkarten korrekt gestanzt wurden und den Wählerwillen widerspiegelten, übernahmen Anwälte beider Seiten das Zepter. 37 Tage dauerte das juristische Tauziehen nach dem unentschiedenen Votum, bis der Oberste Gerichtshof mit fünf zu vier Stimmen urteilte, dass Bush gewonnen hatte. Worauf Gore in einer launigen Rede bemerkte, er habe versprochen, die Gratulation für den Sieger diesmal nicht, wie in der Wahlnacht, zu widerrufen. Dass der Unterlegene in bitterer Stunde zu Humor fähig war - bis heute gilt es nicht nur als Sternstunde der Demokratie, sondern auch als Handlungsanleitung für ähnliche Fälle.

Und nun das Kontrastprogramm namens Trump. Kellyanne Conway, die Kampagnenmanagerin des Milliardärs, bemühte sich auf ihre Weise um Schadensbegrenzung. Donald Trump, sagte sie, werde das Wahlergebnis akzeptieren, weil er die Wahl für sich entscheiden werde.

(RP)
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