Madrid Tsipras ist für die Spanier ein Schreckgespenst

Madrid · Die dramatischen Bilder aus Griechenland sind schlecht für Spaniens Linke. Die Regierung macht dem Volk Mut.

Pablo Iglesias ist immer noch außer sich. Der Generalsekretär der linkspopulistischen spanischen Partei Podemos ("Wir können") ist der Meinung, der Internationale Währungsfonds und Angela Merkel koordinierten "eine mafiöse Operation des Finanzterrorismus gegen eine demokratisch gewählte Regierung". Iglesias sieht sich und die Griechen von der Bundeskanzlerin vor die Wahl zwischen Demokratie und Diktatur gestellt.

Podemos ist bekannt für Verbalattacken gegen Merkel. Wirtschafts- und Finanzexperte Juan Ignácio Crespo bleibt deshalb gelassen: "Ich bin mir sicher, Podemos weiß genau, dass ihr die Entwicklung in Athen nicht guttut." Die Bilder von Rentnern vor geschlossenen Banken machten den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tispras auch für Podemos nicht zu einem willkommenen Weggefährten.

Dass die Spanier gemeinsam mit den Griechen ein Bündnis gegen die europäische Sparpolitik bilden, ist ausgeschlossen. Dies geht aus einer Umfrage des El-Cano-Instituts hervor, das die spanische Bevölkerung vor wenigen Wochen gebeten hatte, auf einer Skala von null bis zehn Sympathiepunkte für eine Reihe von Staaten zu vergeben. Das Ergebnis fiel überraschend aus: Für Griechenland empfinden die Spanier von allen Staaten der Europäischen Union am wenigsten Sympathie, für Deutschland die meiste.

Die spanische Parlamentswahl findet wahrscheinlich im November statt. Die konservative Volkspartei von Ministerpräsident Mariano Rajoy wird ihre absolute Mehrheit wohl nicht verteidigen können. Von einer Machtübernahme durch Podemos ist das Land aber weit entfernt: Meinungsforscher sehen die Partei derzeit bei rund 20 Prozent. Die Linkspopulisten könnten allenfalls mit den regierungserfahrenen Sozialisten an die Macht kommen.

Rajoy versicherte nach einer Krisensitzung seines Wirtschaftsrats, dass die Spanier beruhigt sein könnten, weil dank der von ihm durchgesetzten Reformen dem Land keine mit Griechenland vergleichbare Krise drohe. In Spanien wuchs die Wirtschaft zu Jahresbeginn so stark wie in keinem anderen Euro-Land. Rajoy forderte Tsipras dazu auf, seinen Kurs zu korrigieren und die europäischen "Normen und Spielregeln einzuhalten".

Auch Crespo betonte, dass Spanien die Europäische Zentralbank an seiner Seite habe. Erst kürzlich habe der Europäische Gerichtshof erklärt, dass es legal sei, wenn Spanien Staatspapiere aufkaufe. All das werde die Spekulanten von den Märkten vertreiben, so der Finanzexperte. Die Aufregung auf dem Börsenparkett sei ebenso ein Ritual wie die Freundschaftsbekenntnisse von Iglesias gegenüber Tsipras. Die Europäer müssen Crespo zufolge keine Angst haben, dass die griechische Krankheit bald auch die iberische Halbinsel ansteckt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort