Athen Tsipras macht Wahlkampf auf Kosten der Geldgeber

Athen · Griechenland bekommt doch Geld aus Brüssel. Athens Regierung sieht ihre Wirtschaft auf positivem Kurs.

Die Weihnachtsfeier im Megaron Maximou, dem Amtssitz des griechischen Ministerpräsidenten, war schon vorbei, und die Musiker hatten ihre Instrumente wieder eigepackt, da kam die frohe Botschaft aus Brüssel. Überbringer war Jeroen Dijsselbloem. Griechenland könne nun doch mit Schuldenerleichterungen rechnen, twitterte der Chef der Eurogruppe. Premier Alexis Tsipras hatte die Geldgeber Mitte Dezember mit einseitig beschlossenen Sonderzahlungen an 1,6 Millionen Rentner und einer Verschiebung der Mehrwertsteuererhöhung auf den Inseln vor den Kopf gestoßen.

Der Euro-Rettungsfonds ESM setzte daraufhin die bereits beschlossenen Schuldenerleichterungen aus. Nachdem sich der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos jetzt schriftlich verpflichtete, künftig die Reformvorgaben umzusetzen, kann die Eurogruppe bei ihrem nächsten Treffen am 26. Januar über Schuldenerleichterungen beraten.

Tsakalotos dürfte in der Sitzung aber keinen leichten Stand haben. Das Klima ist vergiftet. Mit persönlichen Attacken hat die Athener Regierung vor allem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gegen sich aufgebracht. Erst deutete Ministerpräsident Tsipras vergangene Woche an, Schäuble gehe es "psychisch nicht gut". Dann erklärte Minister Nikos Pappas, einer der engsten Tsipras-Berater, es sei "offensichtlich, dass Schäuble von Anfang keinen Erfolg des griechischen wollte". Am 1. Weihnachtstag legte Kostas Zouraris, Staatssekretär im Erziehungsministerium, noch einmal nach: Man müsse Schäuble "wie einem Putschisten begegnen". Schäuble und der Europa-Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), Poul Thomsen, hätten ökonomische Daten gefälscht, sagte der Staatssekretär dem Sender "Skai". Auch Finanzminister Tsakalotos beteiligt sich an der Kampagne. Mit einer Weihnachtskarte stichelt er gegen Schäuble. Die Karte schmückt ein Bild von Ebenezer Scrooge, des hartherzigen Geizkragens aus der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens. Dieses Feindbild soll die Griechen von ihrer grauen Alltagswirklichkeit ablenken. Unermüdlich versucht die Regierung, den Aufschwung herbeizureden. Tatsächlich legte die Wirtschaftsleistung nach acht Jahren Rezession im dritten Quartal um 1,5 Prozent zu.

(RP)
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