Berlin/Leverkusen Türkei kassiert dritte Absage

Berlin/Leverkusen · Ein Wahlkampfauftritt des türkischen Wirtschaftsministers in Frechen wurde gestoppt. In Leverkusen darf er aber ein Grußwort sprechen. Erdogan bezeichnet den inhaftierten Reporter Yücel als Spion.

Erneut steht ein türkischer Regierungspolitiker in Deutschland vor verschlossenen Türen: Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci kann morgen nicht wie geplant in Frechen bei Köln auftreten. Der Betreiber der dafür vorgesehenen Halle habe den Veranstalter informiert, dass er die vorgesehenen Räumlichkeiten nicht zur Verfügung stellen werde, teilte die Polizei mit. Der Vertrag zwischen dem Eigentümer der Halle und dem Betreiber schließe ohnehin politische Veranstaltungen aus.

Zeybekci hatte geplant, vor Anhängern der Regierungspartei AKP zu sprechen. Nach wie vor wird er am Sonntagnachmittag in Leverkusen bei einer Kulturveranstaltung erwartet. Die Stadt sieht keine Möglichkeit, den Auftritt Zeybekcis im Kulturzentrum "Forum" zu unterbinden. Es gebe einen rechtsgültig geschlossenen Mietvertrag, sagte eine Stadtsprecherin. Die Stadt habe somit keine rechtliche Handhabe, den Auftritt des Ministers zu stoppen. In dem dem Mietvertrag beiliegenden Ablaufplan sei der Auftritt des Ministers ausdrücklich erwähnt, allerdings sei dort nur von einem "Grußwort" die Rede.

Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD) verteidigte den Entschluss. "Es gibt keine Grundlage für eine Absage, wir leben schließlich in einem Rechtsstaat", sagte er und betonte, dass er jederzeit bereit sei, die Veranstaltung im "Forum" abbrechen zu lassen, wenn eine veränderte Sicherheitslage das erfordere.

Zuvor hatten türkische Politiker in Ankara gereizt auf die beiden bereits zuvor erfolgten Rede-Absagen für türkische Minister in Gaggenau und Köln-Porz reagiert. Der deutsche Botschafter Martin Erdmann wurde ins Außenministerium in Ankara einbestellt. Aus Verärgerung über die Absage seines Auftritts in Gaggenau ließ der türkische Justizminister Bekir Bozdag zudem ein geplantes Treffen mit seinem deutschen Amtskollegen Heiko Maas (SPD) platzen. Maas, der mit Bozdag über den Fall des inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel reden wollte, reagierte in einem Brief an Bozdag scharf. "Der Umgang der türkischen Behörden mit Herrn Yücel verstärkt meine tiefe Sorge um die Pressefreiheit und die Rechtsstaatlichkeit der Türkei", schrieb Maas.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erhob unterdessen neue Anschuldigungen gegen Yücel, dem er Spionage vorwarf. "Als ein Vertreter der PKK, als ein deutscher Agent hat sich diese Person einen Monat lang im deutschen Konsulat versteckt", sagte Erdogan bei einer Rede gestern Abend.

Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstrich, dass es sich bei den Absagen um rein kommunale Entscheidungen gehandelt habe. Städtetagspräsidentin Eva Lohse verteidigte die Absagen zwar ausdrücklich als "nicht politisch, sondern versammlungsrechtlich begründet", rief die Bundesregierung aber dazu auf, die Entscheidung über die Frage, in welchem Umfang türkische Politiker in Deutschland um Stimmen werben können, nicht bei den Rathäusern abzuladen. "Das kann nur zwischen den Regierungen in Berlin und Ankara besprochen werden", sagte Lohse.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu warnte Deutschland vor Konsequenzen. "So kann es nicht weitergehen", sagte er in Ankara. "Wenn Sie mit uns arbeiten wollen, müssen Sie lernen, wie Sie sich uns gegenüber zu verhalten haben", sagte der Minister. Ansonsten werde es Folgen geben. Cavusoglu wolle am Mittwoch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) treffen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

(RP)
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