Ankara Türkei verstaatlicht uralte Kirchen und Friedhöfe

Ankara · Der türkische Staat hat mehrere Dutzend frühchristliche Kirchen und Klöster in Südostanatolien beschlagnahmt und teilweise in den Besitz seines islamischen Religionsamtes überführt. Das bestätigte das Gouverneursamt der Provinz Mardin gegenüber der türkischen Presse, nachdem der Stiftungsrat des syrisch-orthodoxen Klosters Mor Gabriel Alarm geschlagen hatte. Nach Angaben der Gemeinde handelt es sich um mindestens 50 Klöster, Kirchen und Friedhöfe der syrisch-orthodoxen Christen, die seit der Zeit der Apostel dort leben und auch Aramäer oder Assyrer genannt werden. Kritiker sehen in der Aktion das letzte Glied einer langen Kette von Enteignungen der Christen von Anatolien.

Das bekannteste Kloster der Aramäer, Mor Gabriel bei Midyat, stammt aus dem Jahr 397 und ist bis heute Bischofssitz. Von Armut, Unterdrückung und dem Krieg zwischen türkischem Staat und kurdischen Rebellen aus ihrem Siedlungsgebiet vertrieben, leben die meisten Aramäer heute in Westeuropa.

Das staatliche Religionsamt der Türkei ist ausschließlich für den sunnitischen Islam zuständig. Mit der Verfügungsgewalt über die Kirchen könne die Behörde nun jahrtausendealtes christliches Kulturerbe verkaufen, zu Museen erklären oder in Moscheen umwandeln, warnte der Bundesverband der Aramäer in Deutschland. Die CDU-Europaabgeordnete Renate Sommer sprach auf ihrer Facebook-Seite von einer überfallartigen Verstaatlichung der Kirchen. Offenbar gehe es dem türkischen Staat darum, die Minderheit der Aramäer "regelrecht auszulöschen".

(güs)
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