Berlin Verdeckte Ermittler in der Grauzone

Berlin · Ein Bundestagsgutachten regt die rechtliche Klarstellung für den Einsatz ausländischer Polizisten an.

Es ist die Welt von James Bond, dem Geheimagenten Ihrer Majestät. Aber was Mark Kennedy alias "Mark Stone" in Berlin, Heiligendamm und anderen Orten im Auftrag Ihrer Majestät auskundschaftete, war nicht Krimi, sondern reale Polizeiarbeit - bis er aufflog. Er hatte über Jahre die linke Szene ausgekundschaftet, hatte das Vertrauen von Frauen durch "taktische Liebesbeziehungen" missbraucht und ganz offenbar auch selbst kräftig bei "Protesten" zugelangt. Freilich auf fragwürdiger rechtlicher Grundlage.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags kommt jedenfalls in einem unserer Redaktion vorliegenden Gutachten zu dem Schluss, dass das deutsche Recht bei verdeckten Ermittlern aus dem Ausland alles andere als optimal aufgestellt ist. Aufgrund anderer Rechtsvorschriften lasse sich zwar klären, dass verdeckte Ermittler nur mit staatsanwaltschaftlicher Erlaubnis tätig werden dürfen und sogar eine haftrichterliche Bestätigung brauchen, wenn sie auf bestimmte Beschuldigte angesetzt werden. Sie dürfen auch eine Wohnung nicht durchsuchen, und ohne konkrete Verdachtsmomente auch nicht einfach so langfristig in eine Szene eindringen.

Damit wäre "Mark Stones" über Jahre laufenden Aktivitäten eigentlich nicht rechtens gewesen. Gleichzeitig gibt es aber das "Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen" zwischen den EU-Mitgliedstaaten, wonach sich die Partner zusichern, "einander bei strafrechtlichen Ermittlungen durch verdeckt oder unter falscher Identität handelnde Beamte zu unterstützen". Aus diesem Grund empfehlen die Bundestagsjuristen jetzt eine gesetzliche Nachjustierung. Ihnen "erscheint die Schaffung einer spezialgesellschaftlichen Rechtsgrundlage sinnvoll". Ausdrücklich halten sie fest: "Soweit schon hinsichtlich des Einsatzes von Vertrauenspersonen eine gewisse Rechtsunsicherheit besteht, vergrößert sich diese noch, wenn ein ausländischer Beamter verdeckt ermitteln soll."

"Mark Stone" scheint nicht alleine zu sein. Auch im Umfeld des Hamburger G20-Gipfels kamen Polizisten aus den Niederlanden, aus Dänemark und Österreich zum Einsatz. Die Regierung räumte zudem ein, dass das BKA und der Zoll verdeckte Ermittler aus Drittstaaten einsetzen.

Der Linken-Europa-Experte Andrej Hunko kritisiert das Fehlen einer speziellen Rechtsgrundlage und verlangt: "Die Bundesregierung muss jetzt alle bekannt gewordenen Fälle schonungslos aufklären und Betroffene der Einsätze nachträglich informieren, damit diese rechtliche Schritte einleiten können." Das betreffe insbesondere jene verdeckten Ermittlungen, in denen Polizisten emotionale Bindungen und Sexualität mit Ziel- und Kontaktpersonen praktizierten.

(may-)
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