Kolumne Mit Verlaub! Von Stichlingen und Goldfischen im CDU-Teich

"Friedrich wer?" - "Merz, na und?" So kann man auf die Personalie der Woche reagieren. Das christdemokratische Publikum jedenfalls freut sich über ein Comeback. Jetzt fehlt noch Roland Koch.

Vorsicht an der Bahnsteigkante! Obacht bei plötzlich aufwallender Euphorie! Aufs Politische gemünzt: Skepsis ist ratsam! Sie gehört zur Grundausstattung eines lebenserfahrenen Bürgerlichen, wie es der unvergessene Publizist, Jurist und Historiker Joachim Fest, ein Bürgerlicher durch und durch, einmal sagte.

Diese Woche begann mit einem personellen Donnerschlag: dem zunächst vorsichtigen Wiedereintritt einer politischen Sonderbegabung in die politische Erdumlaufbahn. Nun könnte man fragen: "Friedrich wer?" Oder: "Merz, na und?" Oder auch meinen: "Verdammt lang her, dass sich Merz aus Groll über Angela Merkel vom Acker gemacht hat."

Das bundesweite Echo hingegen signalisierte anderes, Bezeichnendes: Zum einen besorgtes (?) Schweigen beim politischen Gegner der Union (ja, so etwas gibt es noch trotz großkoalitionärer Turteleien). Zum anderen heitere Gefühle bei bürgerlich grundierten Christdemokraten, die sich in einer vermerkelten CDU missverstanden und unbehaust fühlen.

Aber, wie eingangs notiert: Warten wir lieber ab, ob sich die Hallo-wach-Personalie Merz nicht doch bald wieder verflüchtigt oder ob der Herbeigewünschte wirklich bereit ist für eine tragende Rolle auf der Berliner, ersatzweise womöglich Düsseldorfer Bühne, wo sich manche Komparsen für Hauptdarsteller(innen) halten.

Zu fragen bleibt auch, ob ein Comeback von Merz von einflussreichen Spitzenleuten der Union hintertrieben wird. Zu viele von ihnen glauben unverständlicherweise, Merkel allein werde es von Wahl zu Wahl immer wieder richten. So hatte sich die Union in der Endphase Helmut Kohls schon einmal geirrt, mit der bekannten Großniederlage 1998. Nicht nur Hochmut, auch Fehleinschätzung kommt vor dem Fall.

Man könnte die durch die Personalie Merz ausgelösten heiteren Gefühle beim christdemokratischen Publikum noch verstärken, wenn sich auch ein anderer verlorener Sohn wieder aktivieren ließe. Gemeint ist Roland Koch, ein kräftiges politisches Gewächs, das unter der Rieseneiche Kohl schöne Blüten trieb. Denken Sie jetzt bitte nicht: Warum gerade Koch? Der habe doch als Vorstandsvorsitzender beim M-Dax-Konzern Bilfinger nicht reüssiert, sei nach bereits drei Jahren vom Aufsichtsrat ins Aus befördert worden.

Gegenfrage: Gilt nicht auch in dem Fall der gute alte Grundsatz, wonach es im Leben darauf ankommt, einmal mehr aufzustehen als hinzufallen? Im Übrigen: Wer wie die CDU einen Teich mit allzu vielen Stichlingen hat, sollte dort ein paar Goldfische schwimmen lassen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort