Washington Waffen für Lehrer

Washington · US-Präsident Trump bringt nach dem tödlichen Amoklauf an einer Schule in Florida einen umstrittenen Vorschlag ins Spiel.

Donald Trump hält einen Spickzettel in der Hand, man kann sehen, was darauf steht. Fotografen fotografieren, das Fernsehen überträgt live. Falls das mit den Stichpunkten ein Geheimnis bleiben sollte, ist es nun keines mehr: "I hear you" ("Ich höre euch") ist ganz unten auf dem Zettel zu lesen. Der Präsident, der es nach vorangegangenen Tragödien bisweilen an Empathie fehlen ließ, soll zu keiner Zeit vergessen, worum es geht bei dem Treffen mit Müttern, Vätern, Geschwistern und Freunden von Schusswaffenopfern am Mittwochabend im Weißen Haus. Zuhören, Mitgefühl zeigen, die Betroffenen reden lassen.

Leidensgeschichte folgt auf Leidensgeschichte, nur beschränkt sich Trump nicht aufs Zuhören, er hat auch Vorschläge zu machen. Empfehlungen, wie sie die Waffenlobby seit dem Massenmord an der Sandy-Hook-Grundschule im Dezember 2012 immer wieder in die Debatte wirft. Wären zumindest einige Lehrer der Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland bewaffnet gewesen, suggeriert der Präsident, hätte man heute vielleicht weniger Tote zu beklagen.

Um es zu illustrieren, spricht er von Aaron Feis, dem Football-Trainer, der nach Augenzeugenberichten auf den Amokläufer zusprintete, sich mit massigem Körper vor seine Schüler warf und dabei tödlich getroffen wurde. Dieser Coach, sagt Trump, habe sich unglaublich tapfer verhalten. "Doch hätte er eine Waffe zur Hand gehabt, hätte er nicht rennen müssen. Er hätte geschossen, und das wäre das Ende gewesen."

Eine Schusswaffenattacke, argumentiert er, dauere im Durchschnitt drei Minuten. Bis die Polizei am Tatort eintreffe, vergingen indes fünf bis acht Minuten, da sei es in aller Regel vorbei. Wenn nun Schulen schusswaffenfreie Zonen blieben, bedeute dies aus der Sicht von Wahnsinnigen: "Lasst uns angreifen, denn es fliegen keine Kugeln zurück". Wer die Bewaffnung ausgesuchter Pädagogen für richtig halte, fragt der Präsident schließlich in die Runde. Einige Arme gehen hoch, andere bleiben unten.

Laut ABC News und "Washington Post" glauben 59 Prozent der Republikaner, bewaffnete Lehrer hätten das Massaker in Parkland verhindern können. Demokraten dagegen beantworten die Frage zu 73 Prozent mit Nein. Der Vorschlag gehe von völlig unrealistischen Szenarien aus, warnt Randi Weingarten, die Vorsitzende der amerikanischen Lehrer-Vereinigung. Denn von den Pädagogen erwarte man eine Geistesgegenwart, zu der die meisten Menschen mitten im Chaos einfach nicht fähig seien. In einer solchen Situation den eigenen Revolver zu finden, mit ruhiger Hand anzulegen und mit der Treffsicherheit eines Scharfschützen zu treffen - das funktioniere vielleicht im Film, aber nicht im realen Leben.

(RP)
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