Schäuble-Affäre immer undurchsichtiger Waffenhändler Schreiber widerspricht CDU-Chef

Berlin (AP). In der Parteispendenaffäre haben Dementis wichtiger Akteure und das Bekanntwerden neuer Details die CDU-Führung unter weiteren Erklärungsdruck gesetzt. So widersprach der Waffenhändler Karlheinz Schreiber am Donnerstag der Darstellung von CDU-Chef Wolfgang Schäuble über Zeitpunkt, Umstände und Zweck der 100.000-Mark-Bargeldspende von 1994.

Der ehemalige CDU-Hauptabteilungsleiter Hans Terlinden dementierte die Darstellung der Parteizentrale über den Verbleib von 265.000 Mark aus dem 1,15-Millionen-Mark-Topf, den die Fraktion in bar an die CDU transferiert hatte. Aus der CSU wurde eine erste Rücktrittsforderung an Schäuble laut.

Der Tageszeitung "Die Welt" erklärte Schreiber, die Spende mehr als zwei Wochen nach einer Sponsorenkonferenz der CDU per Boten geschickt zu haben. Schäuble hingegen will das Geld am Tag nach der Konferenz von Schreiber persönlich erhalten haben. Die anders lautende Darstellung Schreibers ließ er gegenüber der "Welt" als "baren Unsinn" dementieren. Während Schreiber zudem darauf beharrte, mit Schäuble über den Bau einer Panzerfabrik in Kanada gesprochen zu haben, hatte die CDU/CSU am Mittwoch betont, Schreiber habe für Wahlkampfzwecke gespendet, "ohne weitere Motive zu nennen".

Terlinden wandte sich im Berliner "Tagesspiegel" gegen die Darstellung der CDU über die Verwendung der ehemaligen Fraktionsgelder. CDU-Sprecherin Eva Christiansen hatte erklärt, 1997 seien 100.000 Mark an den damaligen CDU-Vorsitzenden von Schleswig-Holstein, Ottfried Hennig, "als Person gezahlt worden", die offiziell nicht abgerechnet worden seien. Weitere 100.000 Mark seien als Personalkostenzuschuss an den Landesverband Mecklenburg-Vorpommern gegangen, für 65.000 Mark habe die CDU Schleswig-Holstein ein Auto gekauft. Von dieser Erklärung der CDU-Zentrale sei kein Wort wahr, zitierte der "Tagesspiegel" Terlinden.

Geheimes Tagebuch

Unterdessen berichtete der Sender Freies Berlin von einem angeblichen geheimen Tagebuch Schreibers. Aus ihm soll hervorgehen, dass die Ex-Schatzmeisterin der CDU, Brigitte Baumeister, weit mehr als bisher bekannt in die Spendenaffäre um Schreiber verwickelt war.

Nach Informationen der "Bild"-Zeitung soll Ende 1992 eine CDU-Feier zur zehnjährigen Kanzlerschaft Helmut Kohls teilweise aus Parteispenden für den Aufbau der Ost-CDU finanziert worden sein. Dies wurde demselben Bericht zufolge aber von der CDU dementiert.

Im CDU-Landesverband Hamburg ist laut "Hamburger Abendblatt" eine nicht ordnungsgemäß verbuchte Parteispende in Höhe von 23.051,52 Mark entdeckt worden. Der Verband Deutscher Reeder hatte 1998 die Kosten für die örtliche Plakatwerbung der Partei im Bundestagswahlkampf übernommen. Der Bericht wurde von der CDU am Donnerstag bestätigt.

Rüttgers warnt vor Spaltung

Erstmals wurde aus der CSU eine Forderung nach Rücktritt Schäubles bekannt. Laut "Süddeutscher Zeitung" äußerte der CSU-Politiker Peter Gauweiler am Mittwoch auf einer Fraktionsklausur in Wildbad Kreuth die Ansicht, je länger Schäuble im Amt bleibe, desto größer werde der politische Schaden.

Der nordrhein-westfälische CDU-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers warnte vor einem Auseinanderfallen der Union. "Eine Spaltung der Partei in Aufklärer und Kohlianer führt uns nicht weiter", sagte Rüttgers in Essen. Er begrüßte ausdrücklich, dass Schäuble im April auf dem Bundesparteitag in Essen erneut für den Parteivorsitz kandidieren will.

(RPO Archiv)
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