Deutschlands Straßen gehen kaputt Warum unsere Straßen so schlecht sind

Düsseldorf · Über Steuern, Gebühren und Abgaben kassiert der Staat 55 Milliarden Euro pro Jahr von den deutschen Straßennutzern. Aber er investiert weniger als ein Drittel davon in den Erhalt und den Ausbau des Netzes. NRW leidet besonders. Ein Blick auf die schlimmsten Baustellen.

Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Wie hoch ist der Investitionsstau auf Bundesebene?

Laut Haushaltsplan werden für Investitionen in Straße, Schiene und Wasserstraße 2014 rund 10,1 Milliarden Euro ausgegeben. 2017 sollen es zwölf Milliarden Euro sein. Nach Ansicht von Verkehrsexperten müssten die Investitionen des Bundes rund vier Milliarden Euro pro Jahr höher liegen, um die Substanz zu erhalten. Eine Expertenkommission unter Ex-Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) beziffert die Unterfinanzierung des deutschen Verkehrssystems sogar auf 7,2 Milliarden Euro pro Jahr.

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Foto: dpa, reh kno

Welche Schwerpunkte setzt die Bundesregierung bei der Planung?

Ende des Jahres legt ein neuer Bundesverkehrswegeplan die vorrangigen Projekte fest. Es zeichnet sich ab, dass stark befahrene Routen bevorzugt behandelt werden sollen. Davon könnte NRW profitieren.

Wann kommt die Pkw-Maut, und was soll sie bringen?

Die Pkw-Maut soll ab dem 1. Januar 2016 gelten. Deutsche Autofahrer sollen sie mit der Kfz-Steuer verrechnen dürfen. Die konkreten Pläne will Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vor der Sommerpause vorstellen. Die Maut könnte dem Staat Schätzungen zufolge einige Hundert Millionen Euro pro Jahr einbringen. Zum Vergleich: Die 2005 eingeführte Lkw-Maut bringt rund vier Milliarden Euro pro Jahr.

Was zahlen die Straßennutzer schon heute?

Über Steuern, Gebühren und Abgaben wie die Lkw-Maut, die Kfz- und die Mineralölsteuer zahlen die deutschen Straßennutzer jährlich 55 Milliarden Euro an den Staat.

Wieviel davon fließt zurück?

Unter dem Strich reinvestiert der Staat nur einen Bruchteil davon in den Erhalt und den Ausbau des Straßennetzes. Von den Infrastruktur-Investitionen des Bundes in Höhe von gut zehn Milliarden Euro pro Jahr fließen nur rund sechs Milliarden Euro in das Straßennetz. Bundesländer und Kommunen investieren weitere neun Milliarden pro Jahr in die Verkehrssysteme. Der Anteil, der davon auf die Straßen entfällt, ist regional unterschiedlich.

Wie ist die Situation in NRW?

In NRW behindern 220 000 Staukilometer im Jahr täglich drei Millionen Pendler, die mit dem Auto zur Arbeit fahren. So viele Staus gibt es in keinem anderen Bundesland. Der Landesbetrieb Straßen NRW listet aktuell über 40 Großprojekte zum Erhalt des NRW-Autobahnnetzes auf. Hinzu kommt die Sanierung von 49 Straßenbrücken, die dem drastisch gewachsenen Lkw-Verkehr nicht mehr standhalten. Allein hierfür kalkuliert das NRW-Verkehrsministerium neue Kosten in Höhe von 4,5 Milliarden Euro. Anfang des Jahres hat NRW dem Bund 278 Straßenbauprojekte mit einem Bauvolumen von 20 Milliarden Euro zur Bewertung gemeldet. Neu davon sind nur 72 — alle übrigen stehen schon seit 2004 auf der Agenda.

Wo sind die schlechtesten Straßen in NRW?

Nach Angaben des NRW-Verkehrsministeriums ist der Sanierungsbedarf auf den Bundesfernstraßen derzeit auf den Rheinbrücken am größten, insbesondere auf der Leverkusener Rheinbrücke (A 1) und der Rheinbrücke Neuenkamp (A 40) bei Duisburg. Bei den Landesstraßen ist der Reparaturbedarf im Siegerland, im Sauerland, im Bergischen Land und in Ostwestfalen am größten. Zum Zustand der kommunalen Straßennetze liegen keine landesweiten Vergleichszahlen vor.

Gibt es auch andere Vorschläge als eine Aufstockung der Mittel?

Beate Wiemann, Hauptgeschäftsführerin des Bauindustrieverbandes in NRW, fordert mehr Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) für die NRW-Infrastruktur: Projekte, bei denen der Staat und die Privatwirtschaft Straßenabschnitte gemeinsam bauen und betreiben. Im Bundesverkehrsministerium wird der geplante sechsspurige Ausbau der A1 von Münster bis Bremen als mögliches ÖPP-Projekt gehandelt. Die NRW-Regierung ist skeptisch.

(qua)
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