Rom Was folgt auf Renzi?

Rom · Nach dem Referendum herrscht in Italien ein politisches Hin und Her. Dabei gibt es drängende Probleme, die gelöst werden müssen.

Rom: Was folgt auf Renzi?
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Eigentlich sollte Piercarlo Padoan gestern Vormittag seine Kollegen treffen. Aber vom italienischen Wirtschafts- und Finanzminister war bei der Sitzung der Euro-Gruppe in Brüssel keine Spur. Padoan musste nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Matteo Renzi infolge der abgelehnten Verfassungsreform nicht nur die finanzpolitischen Fäden in Rom zusammenhalten. Zahlreiche Beobachter rechnen damit, der 66-jährige Padoan könnte in den kommenden Wochen von Staatspräsident Sergio Mattarella auch als neuer Premierminister mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt werden.

Rom: Was folgt auf Renzi?
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Padoan war auf Drängen von Ex-Staatspräsident Giorgio Napolitano von Renzi im Februar 2014 in dessen Regierung als Garant für finanzpolitische Sicherheit aufgenommen worden. Auf das internationale Renommee des ehemaligen Ökonomie-Professors aus Rom wollte Napolitano nicht verzichten. Gestern zeigten sich auch die EU-Spitzen von Padoan als möglichem Nachfolger für Renzi angetan. Der Minister sei "ein Mann von hoher Qualität, der Italien Glaubwürdigkeit verliehen hat", urteilte EU-Wirtschafts- und Währungs-Kommissar Pierre Moscovici.

Auch angesichts dieser Aussichten blieben die für den Rücktritt der Regierung Renzi erwarteten Turbulenzen an den Finanzmärkten gestern zunächst aus. "Investoren reagieren mit Achselzucken auf das Italien-Votum", titelte das "Wall Street Journal" in seiner Online-Ausgabe. Beim Referendum über die geplante Verfassungsreform in Italien hatten am Sonntag 59,1 Prozent der Wähler gegen den Vorstoß von Ministerpräsident Renzi gestimmt. Renzi, der das Projekt vor Monaten als "Mutter aller Schlachten" bezeichnet und seinen Rücktritt für den Fall einer Niederlage angekündigt hatte, setzte diesen Schritt noch in der Nacht in die Tat um.

Gestern war Renzi zu einem informellen Gespräch mit Staatspräsident Sergio Mattarella im Quirinalspalast, dem Sitz des Staatsoberhaupts, zusammengekommen. Dem Vernehmen nach lotete Mattarella die Möglichkeit aus, Renzi ein neues Mandat zur Regierungsbildung zu erteilen. Renzi schloss diese Möglichkeit aber aus, wie es in Regierungskreisen hieß. Mattarella habe ihn dann später gebeten, noch im Amt zu bleiben, bis das Haushaltsgesetz für das kommende Jahr vom Parlament verabschiedet werde.

Nun wird damit gerechnet, Mattarella könnte in den nächsten Tagen oder Wochen nach Gesprächen mit den im Parlament vertretenen Parteien einem anderen Politiker des Mitte-links-Lagers ein Mandat erteilen. Der PD ist die stärkste Kraft im Parlament, kann aber nicht alleine regieren. Neben Padoan wurde Senatspräsident und Ex-Mafia-Jäger Pietro Grasso als Kandidat gehandelt. Der Staatspräsident war gestern um beruhigende Worte bemüht. Die hohe Wahlbeteiligung beim Referendum über die Verfassungsreform am Sonntag sei "Beweis für eine starke Demokratie, für ein leidenschaftliches Land", erklärte Mattarella. Er mahnte die Institutionen zu Respekt im Hinblick auf die anstehenden Probleme und Fristen.

Der Staatspräsident bestätigte damit seine Linie, zunächst keine Neuwahlen anzusetzen. Das hatten die Fünf-Sterne-Bewegung um den Komiker Beppe Grillo sowie die fremdenfeindliche Lega Nord gefordert. Reguläre Parlamentswahlen stehen in Italien erst 2018 an. Sollten diese aber schon auf kommendes Jahr vorgezogen werden, müsste zunächst das Wahlrecht angepasst werden. Denn das "Italicum", wie das jüngst erst reformierte Wahlrecht genannt wird, sieht die Existenz eines Senats gar nicht mehr vor.

Italien wird sich nun also zunächst mit einem komplizierten, innenpolitischen Hin und Her beschäftigen, statt sich um den Abbau des enormen Schuldenberges zu kümmern oder um eine Lösung der Bankenkrise. Auch die Flüchtlingskrise, die das Land besonders belastet, wird so andauern.

Renzi bleibt ein schwacher Trost: In der heimatlichen Toskana kam das "Sì" über 50 Prozent. Dies könnte ihn vielleicht ermutigen, nicht ganz von der politischen Bühne abzutreten. Es könnte also durchaus sein, dass "Il rottamatore" ("Der Verschrotter") bei der nächsten Wahl wieder antritt.

(RP)
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