Was wusste Barack Obama? Weißes Haus distanziert sich von NSA

Washington · Was wusste Barack Obama? Die Abhöraffäre wirft unangenehme Fragen auf.

Was wusste Barack Obama?: Weißes Haus distanziert sich von NSA
Foto: dpa, Marcus Brandt

Mit dem Namen Vanee Vines wussten bis dato nicht mal gründliche Beobachter des Washingtoner Regierungsbetriebs viel anzufangen. Allzu selten hat sich die Sprecherin des Geheimdienstes NSA zu Wort gemeldet. Nun aber sorgt sie mit einem sperrigen Dementi für Wirbel: NSA-Chef Keith Alexander habe weder 2010 mit US-Präsident Barack Obama über eine Geheimdienstoperation gesprochen, die Angela Merkel betraf, noch habe er derartige Operationen jemals mit ihm erörtert.

So recht kauft das Vines niemand ab. Schon ein flüchtiger Blick auf den Kalender des Weißen Hauses lässt Zweifel aufkommen. An jedem Wochentag, meist um 9.45 Uhr oder um 10.15 Uhr, lassen sich Obama und sein Stellvertreter Joe Biden über die Weltlage unterrichten. Kaum vorstellbar, dass Informationen aus Merkels mitgeschnittenen Telefonaten dabei nie eine Rolle spielten, meint David Ignatius, ein Veteran der "Washington Post", der das Innenleben der Machtzentrale genau kennt. Unklar sei, ob die geheimen Zuträger auch deutlich gemacht hätten, auf welchen Methoden ihr Wissen beruhte. Nur hätte ein gründlicher Staatschef wohl nachgehakt und beizeiten von der Überwachungsaktion gegen die deutsche Kanzlerin erfahren.

Folgt man dem "Wall Street Journal", dann erfuhr Obama erst in diesem Sommer, dass die NSA 35 prominente Politiker der Welt überwachte, unter ihnen auch Merkel. Stimmt der Bericht, dann bekam Obama erst viereinhalb Jahre nach seinem Amtsantritt mit, in welchem Maße die NSA selbst enge Verbündete belauschte. Allmählich distanziert sich die Regierung nun von Alexander. Lisa Monaco, Obamas oberste Antiterrorberaterin, ließ in einer Kolumne bei "USA Today" Demut, ja Reue erkennen: "Wir wollen sichergehen, dass wir Informationen sammeln, weil wir sie brauchen, nicht nur, weil wir sie sammeln können." Spätestens im April muss Alexander seinen Posten räumen, und niemand glaubt den amtlichen Beteuerungen, wonach der Wechsel lange geplant gewesen sei.

(RP)
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