G7-Gipfel in Garmisch-Partenkirchen Weltpolitik mit Alphörnern und Weißwurst

Garmisch-Partenkirchen · Barack Obama und Angela Merkel demonstrieren im beschaulichen Krün Volksnähe. Die Themen des G 7-Gipfels bleiben dennoch brisant.

Der Wirt der Grillstube, Sebastian Simon, hat in dieser Stunde den begehrtesten Balkon von ganz Bayern. Die Brüstung seines Gasthauses geht in Richtung Rathausplatz Krün. Dort werden gleich Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama bei Bier und Weißwurst über den Ukraine-Konflikt, die Nato und das Freihandelsabkommen TTIP sprechen. Anschließend wird die CDU-Politikerin den G7-Gipfel im zehn Kilometer entfernten Schloss Elmau offiziell eröffnen.

"Die Welt zu Gast in Krün, das ist sensationell", sagt Simon. Die Bürger erfuhren erst wenige Tage vor dem Treffen, dass es überhaupt einen solchen launigen Auftritt der beiden Staatenlenker geben soll. Kurzfristig wurden die Trachtengruppen, Kapellen und Gebirgsschützen der Umgebung zusammengetrommelt. Sie sitzen nun in Dirndl und Janker an Tischen mit weiß-blau karierten Decken. Das Klischee, wie sich die Amerikaner Deutschland vorstellen, wird aufs Feinste bedient. Am Rande sitzt auch Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), zu dessen Wahlkreis Krün gehört. Nach der Veranstaltung wird er die "Weltoffenheit" seiner Heimat loben. Die Stippvisite der mächtigsten Frau und des mächtigsten Mannes der Welt ist auch als Zeichen gedacht, dass die G 7 nicht einfach in die idyllische Berglandschaft einfällt, ohne sich um das Befinden der Bevölkerung zu scheren.

Der Gipfel wird in der einheimischen Bevölkerung nur unter dem Aspekt kritisch betrachtet, ob er der schönen Landschaft und der Umwelt schadet und ob er das Tourismus-Geschäft beeinträchtigt. Der Protest der G 7-Gegner stößt bei den Einwohnern rund um Elmau eher auf Befremden. Die Bürger begrüßen es, dass an jeder Ecke Polizei steht. Das sei besser als die "Kriegsverhältnisse 2007 in Heiligendamm", befindet eine Bürgerin im Dirndl.

Während Merkel überpünktlich auf dem Rathausplatz erscheint und schon einmal Hände schüttelt, hat Obama leichte Verspätung. Die Polizei musste auf der Strecke zwischen Schloss Elmau und Krün erst noch eine Sitzblockade auflösen.

Die G 7-Gegner sind auch sonst sehr aktiv. Am Samstag demonstrieren rund 3500 vorwiegend junge Leute gegen das "kapitalistische und umweltfeindliche Wirtschaftssystem", das die G 7-Staaten ihrer Meinung nach repräsentieren. "Wir sind gegen die brutale Machtpolitik, die von Staaten wie den USA und ihren Verbündeten ausgehen", kritisiert Wuck Linhardt aus München. Er ist einer der Sprecher des Aktionsbündnisses, das in der Gipfelstadt Garmisch-Partenkirchen ein eigenes Camp aufgebaut hat. "Gegen den Willen des Landratsamts, das uns nicht vor Ort haben wollte und mit Ausreden wie Hochwassergebiet das Camp verbieten wollte", erzählt der Aktivist, der aus dem kirchlichen Bereich kommt. Linhardt ist gegen ein mögliches Freihandelsabkommen und egoistische Wachstumsziele, die die "G7 am liebsten nur unter sich ausmachen."

"Unversöhnlich, radikal, antikapitalistisch" steht auf dem T-Shirt einer jungen G 7-Gegnerin, die ebenfalls aus ihrer Ablehnung des Systems, das für Hunger und Unterentwicklung verantwortlich sei, keinen Hehl macht. Krawallmacher haben im Camp nichts verloren. "Im Aktionsbündnis haben alle Gruppen deutlich gemacht, dass sie Gewalt ablehnen", meint Linhardt. Das gleiche könne er von der Polizei nur bedingt sagen, meint der Gipfelkritiker. Eine Demonstrantin sei nach dem Polizeieinsatz am Samstag ins Krankenhaus eingeliefert worden. Die Polizei hat darüber nach eigenen Angaben keine Erkenntnis. Es sei lediglich eine Frau nach einem Schwächeanfall behandelt worden, erklärt ein Polizeisprecher. Bei einer spontanen Demonstration vor dem Camp in Garmisch-Partenkirchen treffen Gipfelgegner und hochgerüstete Polizei noch einmal aufeinander. Aber außer Sprechchören gegen die "BRD und die Polizei" bleibt alles ruhig. Die Kanzlerin taugt offenbar nicht so recht als Feindbild. "Ich finde sie im Grunde sympathisch", meint Aktivist Linhardt.

Merkel und Obama gönnen sich bei ihrem Auftritt viel Leichtigkeit. Nachdem die beiden bei ihren ersten Treffen fremdelten, verbindet sie bei Obamas viertem Besuch in Deutschland viel Respekt voreinander. Merkel beschwört die deutsch-amerikanische Freundschaft und bedankt sich für 25 Jahre Einheit. "Uns einen die Werte", sagt sie. Obama bezeichnet die deutsche Kanzlerin als seine "großartige Freundin".

Das Weiße Haus hat auch gründlich recherchiert, wie man sich in Bayern beliebt macht. Obama erklärt, am liebsten wäre er zum Oktoberfest nach München gekommen und schiebt hinterher, dass es keinen schlechten Tag für Bier und Weißwurst gebe. Dann sagt er noch den lustigen deutsch-englischen Satz: "I forgot to bring my Lederhosen" und bekundet, er wolle sich welche kaufen. Seine politischen Botschaften beschränken sich darauf, dass er das Bündnis zwischen Deutschland und den USA als "untrennbar" bezeichnet. Er nennt auch die Themen, die G 7 in den nächsten 24 Stunden beschäftigen werden: die Sicherung des Wohlstands, der Kampf gegen den internationalen Terror, der Schutz des Weltklimas und der Russland-Ukraine-Konflikt.

(kes / qua)
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