Kolumne Hier In Nrw Wenn Bürger die Hausnummer bezahlen müssen

Die meisten Kommunen in NRW haben massive finanzielle Probleme. Die Not macht erfinderisch. Die Bürger spüren das anhand einer Reihe von Sondergebühren und Extra-Steuern.

Kolumne Hier In Nrw: Wenn Bürger die Hausnummer bezahlen müssen
Foto: Phil Ninh

In Krefeld gingen vor einiger Zeit die Lichter aus. Der Grund: Die finanziell gebeutelte Stadt wollte dringend Geld sparen und knipste kurzerhand des Nachts die Straßenbeleuchtung aus. Doch nach massiven Bürgerprotesten mussten die Lampen wieder angeschaltet werden. Die ganze Umstellerei hat die Stadtkasse 200 000 Euro gekostet. Irgendwie der helle Wahnsinn.

Doch jetzt haben die Krefelder Sparfüchse eine andere Einnahmequelle für sich entdeckt: die Hausnummern-Gebühr. Sie soll 50 Euro betragen und ist künftig von jedem neuen Hausbesitzer zu entrichten. Wenn - etwa im Fall eines Anbaus - eine bereits vorhandene Hausnummer durch einen Buchstaben ergänzt werden muss, sollen sogar 100 Euro fällig sein.

Man sieht: Finanzielle Not macht erfinderisch, auch wenn es die Hausnummern-Gebühr bereits in anderen Kommunen gibt. Überhaupt ist die Palette der kommunalen Extra-Steuern und Sondergebühren außerordentlich bunt. So müssen Privatleute bei Übernachtungen in Köln, Dortmund und Hürtgenwald eine Hotelbetten-Steuer (die im Amtsdeutsch Kulturförderabgabe heißt) entrichten. In anderen Kommunen gibt es eine Wettbüro-, eine Spielautomaten- oder eine Zweitwohnungssteuer, ganz diskret zu schweigen von der landesweit verbreiteten Sexsteuer.

Manche Städte kassieren auch eine Kino- oder Tanzsteuer. Doch nicht immer werden die kommunalen Pläne von den Ministerien für Finanzen und Inneres abgesegnet. Sie lehnten den Vorstoß ab, für Solarien und Handymasten eine kommunale Bagatellsteuer zu erheben. Auch eine Pferde- oder Katzensteuer gibt es (bislang) nicht.

Man darf annehmen, dass die Kommunen solche "Folterwerkzeuge" nur ungern anwenden. Aber angesichts ihrer angespannten Finanzlage sehen sie vielfach keinen anderen Ausweg, als an der Gebühren- und Steuerschraube zu drehen.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hat jetzt in einer Studie festgestellt, dass die Kommunen in NRW bundesweit die höchsten Sätze für die Grundsteuer B (für Immobilienbesitzer) und die Gewerbesteuer erheben. Das berge hohe Risiken, heißt es in der Studie. Kurzfristig spülten höhere Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze zwar mehr Geld in die kommunalen Kassen. "Doch auf lange Sicht können sie sogar kontraproduktiv sein: Der Standort verliert an Attraktivität, Unternehmen könnten abwandern." Neuansiedlungen von Unternehmen würden unwahrscheinlicher, und das bedeute auch weniger Zuzug von Menschen. Ein Teufelskreis also, der manchem Kämmerer die Haare zu Berge stehen lässt - sofern er noch welche hat.

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(RP)
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