Kolumne Berliner Republik Wenn die Wildsau in der Politik fehlt

Grüne und Linke geben in der Opposition ein mickriges Bild ab. Allein auf ihre zahlenmäßige Unterlegenheit können sie das nicht schieben. Statt mit Substanz und origineller Kommunikation zu punkten, kleben sie im Groko-Brei.

In der Politik gibt es nichts zu verschenken, jedenfalls nicht von Partei zu Partei. Und schon mal gar nicht von der Regierung an die Opposition. Daher wird die GroKo die kleine Opposition aller Voraussicht nach diese Woche im Streit um Minderheitenrechte im Bundestag gnadenlos überstimmen. Grüne und Linke werden erst wehklagen und dann richtig klagen vor dem Bundesverfassungsgericht. Doch dass die beiden Parteien in der Opposition keine gute Figur machen, können sie nicht allein auf ihre knapp bemessene Redezeit bei Bundestagsdebatten schieben.

Zugegeben: Das Verhältnis zwischen Opposition und großer Koalition kommt dem zwischen Wildsau und alter Eiche gleich. Die Eiche stört es bekanntermaßen nicht, wenn sich die Wildsau an ihr schabt. Wobei ausdrücklich darauf hingewiesen sei, dass Grüne und Linke an dieser Stelle nicht mit einer Wildsau gleichgesetzt werden sollten. Denn dieser Vergleich ist vergeben. Gesundheitsminister Daniel Bahr von der FDP hatte einst den Koalitionspartner CSU so tituliert. Zudem gelingt es der Opposition im Bundestag auch nicht ansatzweise die Regierung so zu provozieren, wie es die Koalitionspartner unter Schwarz-Gelb gegenseitig vollbrachten.

Die Grünen befinden sich seit der Bundestagswahl in einem Dauerformtief. Ihnen fehlen in der ersten Reihe schlicht die Spitzenleute, die rhetorisch zuschnappen können, wie beispielsweise Jürgen Trittin und Renate Künast. Und bei den Linken schlägt die Taktik fehl, einen Keil zwischen Union und SPD zu treiben, indem sie permanent ein rot-rot-grünes Bündnis anbieten. Wieso sollten sich die Sozialdemokraten an die Linkspartei binden, um mit den Reformen der Agenda 2010 aufzuräumen, wenn das mit der Union auch gut geht? Wie wenig die Linke gebraucht wird, erfuhr Fraktionschef Gregor Gysi, der erst von den pragmatisch eingestellten SPD-Netzwerkern zu einem Gesprächsabend eingeladen und dann schnöde wieder ausgeladen wurde. Die Idee, Deutschland könne ab 2017 von einem rot-rot-grünen Bündnis regiert werden, verblasst angesichts der Schwäche der Opposition.

Dabei braucht diese große Koalition eine starke Opposition. Doch mit längeren Redezeiten und anderen Rechten für Grüne und Linke werden die Schwachpunkte des Bündnisses von Union und SPD kaum besser aufgespießt. In der Opposition fehlt die Stimme, die die unmäßigen Sozialausgaben dieser Regierung geißelt. Die GroKo braucht eindeutig mehr Westerwelle und weniger Gysi als Gegenspieler.

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(RP)
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