Bundesversammlung wählt Staatsoberhaupt Wieder ein Bundespräsident aus NRW

Berlin/Düsseldorf · Am Sonntag wählen 1260 Wahlmänner und -frauen in der Bundesversammlung das neue Staatsoberhaupt. Es wäre eine Sensation, wenn es der frühere Außenminister Frank-Walter Steinmeier nicht im ersten Anlauf schafft.

 Ex-Außenminister und angehender Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Verleihung des Ignatz-Bubis-Preises Mitte Januar.

Ex-Außenminister und angehender Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Verleihung des Ignatz-Bubis-Preises Mitte Januar.

Foto: dpa, ade kde jai

Olivia Jones wurde von den niedersächsischen Grünen ausgewählt und ist nur ein Beispiel für viele prägnante Persönlichkeiten in der Bundesversammlung. Das Grundgesetz ermöglicht eine solch illustre Zusammensetzung: Wahlrecht haben alle Mitglieder des Bundestags und eine gleich große Anzahl von Wahlleuten, die von den Landtagen zu bestimmen sind.

So kommt Farbe rein, die die Bundestagshandwerker zuvor entfernt haben: Die 630 blauen Sitze sind inzwischen ausgebaut und durch 1260 schwarze ersetzt worden. Die sind allerdings nicht ganz so bequem wie die Möbel, auf denen die Abgeordneten ganze Sitzungstage überstehen müssen. Dafür dauert diese zwölfte Bundesversammlung wohl auch nicht so lange: Es wäre die absolute Sensation, wenn es der frühere Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nicht gleich im ersten Anlauf schaffen würde.

Denn neben CDU/CSU (539 Stimmen) und SPD (384) haben sich die FDP (36) und viele der 147 Grünen für Steinmeier ausgesprochen. Macht gut 1100 mögliche Stimmen. 631 braucht Steinmeier.

 RP-Grafik: Zörner

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Immer gibt es Überraschungen

Unter den Wahlleuten der Union gibt es indes Verdruss. Denn sie können sich schon jetzt lebhaft vorstellen, wie in der ersten Reihe des SPD-Blocks ein Wahlmann und Senkrechtstarter namens Martin Schulz den großen Sieger Steinmeier umarmt und die neu vergespürte sozialdemokratische Gestaltungskraft feiert. Nicht selten haben Bundesversammlungen spätere Mehrheiten sichtbar werden lassen. Darauf haben die Wahlleute von CDU und CSU natürlich keine Lust.

Doch wer nun wie genau abstimmt, ist auch diesmal nicht sicher - das Kreuz machen die Mitglieder in Wahlkabinen. Immer gibt es Überraschungen. So fiel die von der CSU bestimmte Fürstin Gloria von Thurn und Taxis der SPD-Gegenkandidatin Gesine Schwan um den Hals und bekannte der "wunderbaren Frau", sie gewählt zu haben. Unionskandidat Horst Köhler schaffte es trotzdem ins Schloss Bellevue.

Zu den 1260 Wahlleuten gehören auch Medienleute wie Friede Springer (auf einem CDU-Ticket), "Focus"-Herausgeber Helmut Markwort (über die FDP), der Youtuber Tilo Jung (über die Piraten) und "Junge-Freiheit"-Chef Dieter Stein über die AfD. Die Linke hat Semiya Simsek, Tochter eines NSU-Todesopfers, in die Bundesversammlung gebracht, die sächsische SPD "Silbermond"-Sängerin Stefanie Kloß. Aber auch Peter Maffay und Roland Kaiser geben ihre Stimme ab.

Aus Nordrhein-Westfalen werden am Sonntag insgesamt 135 Frauen und Männer dabei sein. An vorderster Stelle der von der NRW-SPD ausgewählten "Promis" steht neben Martin Schulz der frühere Parteichef Franz Müntefering. Insgesamt 57 Wahlleute hat die Partei benannt. Dazu zählen der Vorsitzende der RAG-Stiftung, Werner Müller, sowie die Sportler Linda Stahl und Markus Rehm. Auch die Schauspielerinnen Renan Demirkan und Mariele Millowitsch sind mit von der Partie.

Die NRW-CDU (40 Wahlleute) hat ebenfalls eine Schauspielerin in ihrem Team: Veronica Ferres, die in Solingen geboren wurde. Einen hohen Promi-Faktor bringt auch der Autor und Komiker Hape Kerkeling ("Ich bin dann mal weg") mit, der in Bonn lebt. Außerdem gehören der Künstler Günther Uecker, der Wirtschaftsexperte Friedrich Merz und der frühere Ministerpräsident Jürgen Rüttgers dazu.

Mit 17 Wahlfrauen und -männern sind die nordrhein-westfälischen Grünen in der Bundesversammlung vertreten. Sie haben sich für die Komikerin Carolin Kebekus entschieden, die aus Bergisch Gladbach stammt. Auch die Bundesvorsitzende der Partei, Simone Peter, reist auf dem NRW-Ticket zur Wahl des Bundespräsidenten.

Die Kölnerin Britta Heidemann, Olympiasiegerin im Fechten 2008 in Peking, wurde von der NRW-FDP auserkoren, die zwölf Mitglieder entsenden wird. Die Piraten (neun) haben ihren Bundesvorsitzenden und Ex-Landeschef Patrick Schiffer sowie den Kabarettisten Volker Pispers aufgestellt, der zwar nach 33 Jahren eine "Auftrittspause" eingelegt hat. Den Wahlakt auf der Berliner Bühne wird er sich aber gleichwohl nicht entgehen lassen.

(may / hüw)
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