Wilde Tage in Rom

Rom · Es sollte der Aufbruch in eine neue Ära werden. Aber zwei Monate nach dem Amtsantritt von Virginia Raggi, der 38-jährigen Bürgermeisterin von Rom, herrscht Chaos in ihrem Team.

Das ist Virginia Raggi - die erste Bürgermeisterin Roms
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Das ist Virginia Raggi -Roms erste Bürgermeisterin

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Foto: dpa, drn ay

Virginia Raggi hatte versprochen, die von Skandalen und Missständen gezeichnete Metropole in eine normale und lebenswerte Hauptstadt umzuwandeln. Stattdessen spielt sich in der Stadtregierung und im römischen Ableger ein politisches Drama ab, wie die Turiner Zeitung "La Stampa" jetzt konstatierte. Nicht nur verlor die Bürgermeisterin vergangene Woche fünf ihrer wichtigsten Mitarbeiter. Beinahe zeitgleich schieden der Haushaltsreferent, die Kabinettschefin sowie die Spitzen der römischen Verkehrsbetriebe und der Müllabfuhr aus ihren Ämtern.

Und seit Montagabend hat Raggi noch ein Problem mit ihrer Glaubwürdigkeit. Bei ihrer Anhörung vor einer Parlamentskommission zur Aufklärung von Umweltverbrechen gestand sie, bereits seit Ende Juli von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihre Umweltreferentin Paola Muraro gewusst zu haben.

Das Bild, das sich nun der Öffentlichkeit darstellt, ist verheerend für Raggi und die Aufbruchstimmung nach der Kommunalwahl im Juni: Die drängenden Probleme der Hauptstadt harren weiter einer Lösung. Zugleich kreist die Politik wieder einmal um sich selbst.

Zudem drohen Raggi und die vom Komiker Beppe Grillo gegründete Protest-Bewegung an ihren eigenen Ansprüchen zu scheitern. Raggi und die Fünf-Sterne-Bewegung fordern Transparenz und Ehrlichkeit. Jetzt muss sich die Bürgermeisterin ertappt fühlen, nicht die ganze Wahrheit gesagt zu haben. Seit beinahe zwei Monaten ist Raggi über die Ermittlungen gegen Muraro wegen Unregelmäßigkeiten in der römischen Müllentsorgung im Bilde, die Öffentlichkeit hingegen wurde bewusst in die Irre geführt. Die Opposition im römischen Kapitol fordert Maggis Rücktritt. Die Vorwürfe gegen Muraro rühren aus der Zeit ihrer Beratungstätigkeit für die städtische Müllentsorgung. Die Staatsanwaltschaft prüft die Existenz eines illegalen Pakts der Müllentsorgung zwischen der Firma Colari des von der Lokalpresse als "Müll-König" berüchtigten Manlio Cerroni und der städtischen Müllabfuhr Ama, für die auch Muraro in entscheidender Funktion arbeitete.

Die Fünf-Sterne-Bewegung schlittert damit in die größte Krise seit ihrer Gründung im Jahr 2009. Ein erfolgreicher Neuanfang sollte zeigen, dass die Grillo-Bewegung spätestens nach den Parlamentswahlen im Jahr 2018 die Macht im ganzen Land übernehmen kann. Stattdessen ist nun von der "ersten Krise der fünf Sterne" die Rede. "Die Bewegung könnte an dieser Episode zugrunde gehen", schreibt das der Grillo-Bewegung freundlich gesonnene Blatt "Il Fatto Quotidiano". Raggi müsse sich bei den Wählern entschuldigen und garantieren, dass Derartiges nicht mehr vorkomme. Italienische Medien berichten auch über Zerwürfnisse innerhalb der Fünf-Sterne-Bewegung im Umgang mit der Bürgermeisterin und ihrer Umweltreferentin. Während Raggi im Amt bleiben soll, müsse Muraro gehen, lautete der Tenor in den Medien zuletzt.

(RP)
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