Ulrich Von Alemann "Wir wollen keine Altenrepublik"

Der Politikwissenschaftler Ulrich Von Alemann ist überzeugt davon, dass die Älteren nicht unter sich bleiben wollen.

Herr von Alemann, Sie wurden 1944 geboren — gehören also nicht zu den Babyboomern. Was fällt Ihnen an der nachfolgenden Generation auf?

von Alemann Sie begehrte nicht in dem Maße auf wie die unsere. Der Generationskonflikt, die Politisierung waren bei Weitem nicht so ausgeprägt. Ich erinnere mich noch sehr gut an den Besuch des Schahs 1967 in Bonn, wo ich studierte. Die Studenten gingen damals zuhauf auf die Straße, es gab Verhaftungen. Die Babyboomer sind dagegen die wahrscheinlich erste Nachkriegsgeneration, die stinknormal ist.

Woran liegt das?

von Alemann Sie hatten nicht mehr unmittelbar mit der Kriegsgeneration zu tun wie wir — und insofern das Glück der Normalität. Sie waren die erste Generation, für die Konsum und Reisen zur Selbstverständlichkeit wurden. Aber sie brachten deshalb auch keine so kantigen Persönlichkeiten mehr hervor wie Joschka Fischer, Gerhard Schröder oder Otto Schily.

Fehlte es ihnen vielleicht an Inspiration?

von Alemann Nun ja, es war eine Zeit der Kontinuität. Helmut Kohl regierte 16 Jahre lang. Man könnte auch sagen: Es war eine Zeit des Stillstands. Das prägt. Die Babyboomer bleiben noch eine ganze Weile in der Überzahl.

Was bedeutet das für die Jungen im Land?

von Alemann Zunächst einmal bin ich überzeugt, dass die Älteren nicht unter sich bleiben wollen. Sie wünschen sich ein gesellschaftliches Miteinander mit den nachfolgenden Generationen, und sie wollen ihnen Chancen geben. Wir wollen keine Altenrepublik.

Aber schon jetzt steht fest: Immer weniger junge Menschen werden künftig die Renten der Babyboomer-Generation bezahlen müssen. Was sagen Sie dazu?

von Alemann Das ist richtig. Hier darf es keine Bedienung der älteren Wählerklientel geben. Die Rentenbeschlüsse der derzeit amtierenden schwarz-roten Koalition in Berlin setzen da bedenkliche Zeichen. Eine Überforderung der Jungen ist mit den Problemen, vor denen dieses Land durch den demografischen Wandel steht, keinesfalls kompatibel. Auftrag der Politik ist es deshalb, für ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen älteren und jungen Menschen in dieser Gesellschaft zu sorgen.

MARTIN BEWERUNGE STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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