Kristina Schröder "Wir wollten den Laden zusammenhalten"

Die Frauenministerin über den Quoten-Streit in der Union, ihre Rivalin Ursula von der Leyen und über das Familiensplitting.

Sind Sie verärgert, dass Arbeitsministerin Ursula von der Leyen Ihnen in der öffentlichen Wahrnehmung das Thema Frauenquote weggenommen hat?

Schröder Ich bin mit dem Verlauf der vergangenen Woche sehr zufrieden. Wir haben uns im CDU-Bundesvorstand darauf geeinigt, das Wahlprogramm zu ergänzen. Das heißt, dass wir die von mir konzipierte Flexi-Quote für Vorstände und Aufsichtsräte bekräftigen und dass wir sie um die 30 Prozent als feste Zielmarke ab 2020 ergänzen. Ich bin mir sicher, dass im Jahr 2020 die meisten Unternehmen die 30- Prozent-Quote in den Aufsichtsräten dank der Flexi-Quote ohnehin bereits erreicht haben.

Werden Sie sich persönlich dafür einsetzen, dass der Vorstandsbeschluss auch Gesetz wird?

Schröder Selbstverständlich, denn der Kompromiss bedeutet ja vor allem, dass wir nach der Bundestagswahl die Flexi-Quote ab 2014 gesetzlich verankern wollen.

Vor vier Monaten hatte sich die CDU nur für die Flexi-Quote entschieden. Warum haben Sie und die Kanzlerin nicht einfach gesagt: Wir stehen zu unseren Beschlüssen?

Schröder Noch mal: Die Flexi-Quote bleibt, dafür habe ich gesorgt. Aber richtig ist, das war in dieser Woche sicherlich eine anspruchsvolle Lage, in der sich die CDU befand. Es ging auch darum, den Laden zusammenzuhalten. Dazu habe ich meinen Teil beigetragen.

Hat die Arbeitsministerin Sie überrumpelt?

Schröder Nein.

Der hessische CDU-Fraktionschef Christean Wagner hat gesagt, Ursula von der Leyen habe der Partei geschadet. Sehen Sie das ähnlich?

Schröder Die Woche war nicht leicht. Ich bin froh, dass wir jetzt wieder zu unserer Geschlossenheit zurückgefunden haben.

Wie wird die Bilanz ausfallen – werden Sie oder wird Ursula von der Leyen als Impulsgeberin für 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräten in die Geschichte eingehen?

Schröder Ich habe die Dax-30-Unternehmen dazu gebracht, dass sie sich 2011 erstmals eigene konkrete Zielvorgaben für den Anteil von Frauen in Führungspositionen gegeben haben – und zwar nicht nur für die Aufsichtsräte, sondern auch für die Ebenen darunter. Es ist falsch, dass alle so sehr auf die Aufsichtsräte starren und meinen, damit wäre das Thema Frauen in Führungspositionen erledigt. Wir müssen uns vor allem auch um die mittleren Führungsebenen kümmern. Das mache ich, indem ich regelmäßig ein Ranking veröffentliche, wie weit die Unternehmen tatsächlich sind.

Muss sich die Union stärker dem Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie widmen?

Schröder Eindeutig. Von der Frauenquote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen sind nur wenige Frauen betroffen. Es muss viel stärker um die mittleren Führungsebenen gehen. Dafür müssen wir in dieser Gesellschaft ein neues Verständnis von Arbeitszeiten entwickeln. Immer noch wird allzu oft erwartet, dass vor allem Führungskräfte nur gut sein können, wenn sie 70 bis 80 Stunden pro Woche arbeiten. Das benachteiligt alle Menschen, die familiäre Verantwortung übernehmen wollen. Es geht darum, ein neues Modell für familienfreundliche Arbeitszeiten zu entwickeln.

Ein Recht auf Feierabend ab 17 Uhr?

Schröder Es geht beispielsweise darum, dass mehr 30-Stunden-Arbeitsplätze angeboten werden müssen. Und es muss nicht nur ein Recht geben, von Vollzeit auf Teilzeit zu gehen, sondern auch entgegengesetzt. Die meisten jungen Frauen können oder wollen nicht direkt nach der Geburt wieder Vollzeit einsteigen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass der Rechtsanspruch auf Wiederaufstockung in Vollzeit in das Unions-Wahlprogramm kommt. Ein solches Gesetz müsste auch eine der ersten Handlungen einer neuen Bundesregierung sein.

Wie konkret wird das Familiensplitting im Wahlprogramm stehen?

Schröder Ich werde im Frühsommer gemeinsam mit Wolfgang Schäuble ein Modell für ein Familiensplitting vorstellen, das Kinder stärker als bisher steuerlich fördert.

Das Ehegattensplitting bleibt unangetastet?

Schröder Ja, wir werden am Ehegattensplitting festhalten. Es gibt zwei Dinge, die der Staat unterstützen sollte – einerseits, wenn zwei Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen, und andererseits, wenn Kinder da sind. Wenn beides zusammenkommt, sollte die Unterstützung am größten sein.

Und wenn Paare ohne Trauschein Kinder aufziehen?

Schröder Genau diese Eltern haben wir mit dem Familiensplitting besonders im Blick.

MICHAEL BRÖCKER UND EVA QUADBECK FÜHRTEN DAS INTERVIEW.

(RP)
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