Düsseldorf Wohnungsbau nur für Reiche

Düsseldorf · Mehr Neubauten und steigende Einkommen machen das Wohnen in NRW zwar erschwinglicher. In den Ballungsräumen bedroht die Wohnungsknappheit trotzdem schon die untere Mittelschicht.

Der Wohnungsmarkt in NRW hat zwei Gesichter. Zwar sind die angebotenen Kaltmieten im Jahresvergleich erneut um 2,1 Prozent auf jetzt durchschnittlich 6,38 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Kein Problem für die meisten Mieter, weil auch ihre Einkommen gestiegen sind: Der Anteil der Warmmiete an der Haushaltskaufkraft ist im Schnitt sogar von 18,7 Prozent auf 18,2 Prozent gesunken.

Anders sieht es aber in den Ballungszentren aus. Hier liegt der Wohnkostenanteil an der Kaufkraft inzwischen bei 24,5 Prozent (Düsseldorf), 24,1 Prozent (Köln), 23,3 Prozent (Münster) und 23 Prozent (Aachen). Als Faustregel gilt, dass für die Wohnkosten maximal ein Drittel des Einkommens aufgewendet werden darf. Zwar ist das mittlere jährliche Pro-Kopf-Einkommen in Düsseldorf mit 25.963 Euro das höchste in NRW. Ein Viertel der Düsseldorfer Haushalte verfügt jedoch nur über ein Einkommen deutlich unter diesem Schnitt.

"Mehrköpfige Haushalte, die weniger als 2500 Euro netto im Monat verdienen, haben in Städten wie Düsseldorf und Köln echte Probleme auf dem Wohnungsmarkt", sagt Thomas Hegel, Chef des Düsseldorfer Wohnungskonzerns LEG. Experten schätzen, dass allein in Düsseldorf mindestens 50.000 Haushalte mehr Geld fürs Wohnen ausgeben, als sie sich leisten können.

Der neue Wohnungsmarktreport, den die LEG gestern vorstellte, unterstreicht die Not, die in den Wohnungsbrennpunkten von NRW längst auch die untere Mittelschicht bedroht: So reichen die Kaltmieten in Düsseldorf bei Neuvermietungen von rund 7,50 Euro bis 14 Euro pro Quadratmeter. Mit einem Durchschnitt von zehn Euro ist nur Köln noch teurer als Düsseldorf (Durchschnitt 9,63 Euro), gefolgt von Münster (9,23 Euro), Bonn (9,13 Euro) und Aachen (8,33 Euro). Hegel: "Preiswertes Wohnen hört aber bei höchstens sieben Euro auf."

NRW-Wohnungsminister Michael Groschek (SPD) sagt: "Die privatisierten Wohnungsbaugesellschaften müssen jetzt selbst Verantwortung übernehmen und mehr in Neubauten investieren." Seit 2008 ist die Zahl der Baugenehmigungen um fast zwei Drittel auf 55.805 gestiegen. Laut Bauministerium liegt der NRW-Bedarf aber bei 80.000 neuen Wohnungen pro Jahr.

Abgesehen von dieser Differenz helfen Neubauten unteren Einkommen wenn überhaupt erst mit jahrelanger Verzögerung. Neue Umweltschutz-Auflagen und explodierende Preise für Bauland haben die Kosten im Neubau auf mindestens 2500 Euro pro Quadratmeter getrieben. Hegel: "Das erzwingt Mindest-Kaltmieten von deutlich über zehn Euro." Oppositionsführer Armin Laschet (CDU) fordert deshalb das Aussetzen wenigstens der jüngsten Energiesparverordnung: "Die Kosten stehen in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Energieeinsparung. Wir fordern ein Moratorium."

Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen Vonovia will der Not im unteren Preissegment mit einer Renaissance des Plattenbaus begegnen: Aufgesetzte Dachgeschosse und ganze Neubauten aus Standardteilen sollen die Baukosten auf 1800 Euro pro Quadratmeter drücken. Allerdings lassen schon die unterschiedlichen Brandschutz-Vorgaben keine bundesweit baugleichen Serienhäuser zu.

Die vor gut einem Jahr eingeführte Mietpreisbremse funktioniert bislang nicht. Das räumt selbst Groschek ein. Er hat die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau aufgestockt. Folge: Im vergangenen Jahr wurden fast 40 Prozent der bundesweiten Sozial-Neubauten in NRW errichtet. Das waren aber trotzdem nur 5538.

(tor)
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