SPD-Generalin in der Kritik Empörung über Fahimis "Gauner"-Posting

Berlin · Der Facebook-Eintrag von SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi, in dem sie Unternehmer als "Gauner" beschimpft, sorgt nicht nur im Netz für Empörung. Auch die Arbeitgeber und der Koalitionspartner nehmen ihr die Äußerung übel.

 Yasmin Fahimi sieht sich nach einem Facebook-Posting einem Shitstorm gegenüber.

Yasmin Fahimi sieht sich nach einem Facebook-Posting einem Shitstorm gegenüber.

Foto: dpa Screenshot Facebook Montage Radowski

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hat mit einem Eintrag im sozialen Netzwerk Facebook zum Mindestlohn einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Im Internet spricht man in solchen Fällen von einem "Shitstorm". Die Generalsekretärin hatte auf ihrer Facebook-Seite zum Streit um die Dokumentationspflichten beim Mindestlohn Stellung genommen und geschrieben: "Wer es als Arbeitgeber nicht schafft, einen Stundenzettel ordentlich auszufüllen, ist entweder ein Gauner - oder schlichtweg zu doof."

Seit Start des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde zu Beginn des Jahres gibt es in der großen Koalition einen Streit um die Dokumentationspflichten. Arbeitgeber müssen für ihre Arbeitnehmer die geleisteten Stunden nachweisen - und zwar bis zu einem Monatsgehalt von 2958 Euro, um eben zu dokumentieren, dass sie Mindestlohn zahlen. Die Union will diese Grenze auf 1900 Euro absenken. Insbesondere kleine Unternehmen klagen über die Last der Bürokratie durch den Mindestlohn. Das Thema soll auch heute Abend im Koalitionsausschuss auf den Tisch kommen. Die Kanzlerin hat eine Änderung der Regelung in Aussicht gestellt.

Die Reaktionen auf Fahimis Facebook-Eintrag fielen im Netz überwiegend negativ aus. Mehr als 1600 Kommentare standen bis gestern Nachmittag auf ihrer Seite; viele übten Kritik: "Politiker, die den Souverän als doof bezeichnen, sollten sich die Frage stellen, ob sie in der Politik wirklich richtig sind", schrieb ein Nutzer. Ein anderer warf Fahimi vor, dass sie als Studentin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Gewerkschaftssekretärin und Berufspolitikerin noch nie "wertschöpfend" tätig gewesen sei. Ihre Bemerkung wurde auch als "rotzfreche Beleidigung" eingestuft. Knapp 700 Facebook-Anhänger klickten den nach oben gereckten Daumen unter dem Kommentar - ein Zeichen für Zustimmung.

Heftige Reaktionen

Protest gegen Fahimi gab es insbesondere vonseiten der Arbeitgeberverbände: "Statt pauschal gerade kleine Unternehmen zu beschimpfen, die mit den bürokratischen Folgen des Mindestlohns zu kämpfen haben, sollten Politiker und Ministerialverwaltung doch lieber das Gespräch mit den Betroffenen suchen und sich den vielen konkreten Fragen stellen. Sich einfach nur im Ton zu vergreifen, ist jedenfalls noch keine verantwortungsvolle Politik", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Achim Dercks, unserer Redaktion.

Beim Koalitionspartner Union stießen Fahimis Worte auf eine heftige Gegenreaktion. Der Wirtschaftsexperte und stellvertretenden Unionsfraktionschef, Michael Fuchs, sprach von einer "Unverschämtheit. "Die Menschen, die als Unternehmer arbeiten, als Gauner abzustempeln, damit tut sie auch der SPD keinen Gefallen", sagte Fuchs. Er wertete Fahimis Facebook-Eintrag als Beitrag zur Politikverdrossenheit und empfahl der 47-Jährigen, Unternehmen zu besuchen, um sich deren Realität anzusehen.

In der SPD-Parteizentrale in Berlin sah man die Äußerungen von Fahimi anders. Die Genossen im Willy-Brandt-Haus versuchen, den Shitstorm gegen ihre Generalin herunterzuspielen. Das seien erwartbare Äußerungen von Gegnern, die auch in der Vergangenheit gegen den Mindestlohn gewesen sind, hieß es. Diese Leute müssten sich nur noch daran gewöhnen, dass es den flächendeckenden Mindestlohn nun gibt. Es sei auch nicht zu viel verlangt, dass Arbeitgeber die Stunden erfassen.

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Die Generalsekretärin hatte sich gestern wegen Grippe krank gemeldet. Eigentlich sollte sie bei einer Veranstaltung zum Freihandelsabkommen TTIP in der Parteizentrale vor rund 600 Teilnehmern sprechen. Unter den anwesenden Genossen waren nicht alle glücklich über die Äußerungen von Fahimi. Eine Genossin bezeichnete die Anwürfe gegen die Unternehmer als "etwas unglücklich". So entstehe in der Öffentlichkeit vielleicht schneller der Eindruck, die Politik habe sich von den Menschen entfernt.

(jd / qua)
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