Düsseldorf Zehn Jahre Haft im Fall Daniel D.

Düsseldorf · Der Prozess um eines der rätselhaftesten Verbrechen der vergangenen Jahre ging mit einem Geständnis zu Ende. Das Gericht sprach den Cousin des Opfers wegen Totschlags schuldig. Das Motiv aber bleibt offen.

Im Prozess um den Tod des an einer Kreisstraße bei Büttgen erschlagenen Daniel D. hat der angeklagte Cousin des Opfers den letzten Prozesstag genutzt, um ein Geständnis abzulegen: Auf der Anklagebank, sagte er, sitze der Richtige. Was das Motiv für die Tat war, verriet der Korschenbroicher weiter nicht - auch weil ihm Verteidiger Gordon Christiansen dazu geraten hatte. Acht Verhandlungstage lang hatte der Angeklagte geschwiegen.

Der ehemalige Sportstudent (28) richtete sich an seine Tante und seinen Onkel, die Eltern des Getöteten. Er habe in der Untersuchungshaft oft darüber nachgedacht, sich umzubringen, erklärte er: "Heute weiß ich, dass mein Freitod nichts geändert hätte. Er hätte nichts rückgängig gemacht, auch nicht den Tod meines Cousins, den ich alleine zu verantworten habe. Ich bereue meine Tat und hasse mich für das, was ich getan habe - ich habe meine Strafe mehr als verdient!"

Wegen Totschlags verurteilte das Landgericht Düsseldorf den 28-Jährigen zu zehn Jahren Haft. Staatsanwalt Matthias Ridder hatte zwölf Jahre Haft gefordert. Die Schwurgerichtskammer, sagte der Vorsitzende Richter Rainer Drees, sei überzeugt, dass der Angeklagte seinen Cousin Daniel D. am 11. Dezember 2013 erschlagen hat.

Eine Autofahrerin hatte der Polizei am Tattag um 22.16 Uhr zunächst einen vermeintlichen Verkehrsunfall gemeldet. Rettungskräfte fanden den 35-jährigen Dormagener, der als Sachbearbeiter bei einer Versicherung in Köln arbeitete und in Korschenbroich "Garten an Garten" mit dem Angeklagten aufwuchs, an der K 37 tot neben seinem Auto liegend. Warum sich Daniel D. und der Angeklagte an dieser Stelle, einer unbeleuchteten Kreisstraße direkt hinter einer Kreuzung, trafen, ist eine der vielen nach wie vor ungeklärten Fragen in diesem Fall. Belegt ist nur, dass der Dormagener und sein Cousin am Tattag auffällig oft miteinander telefonierten, dass D. nach einem letzten Gespräch um 21.45 Uhr das Haus verließ und mit überhöhter Geschwindigkeit in Richtung Büttgen aufbrach.

Klar ist auch: Daniel D. wurde mit einem stumpfen, scharfkantigen Gegenstand erschlagen - so brutal, dass die Polizei im ersten Moment von einem Kopfschuss ausging. Gefunden wurde die Tatwaffe nicht.

Auch das Tatmotiv bleibt unklar. "Der Angeklagte hatte viele offene Flanken", hatte Staatsanwalt Ridder im Plädoyer gesagt. Nacktfotos von Schülerinnen, die der Aushilfssportlehrer auf seinem Computer hortete, Affären mit Frauen, die er im Internet kennenlernte, die Lüge um sein gescheitertes Studium, ein sexuelles Verhältnis mit einer Dozentin - all dies seien mögliche Beweggründe, betonte auch der Vorsitzende in der Urteilsbegründung.

Die Eltern von Daniel D. und ihr Anwalt gehen von einem heimtückischen Mord aus. Vater und Mutter D. sind überzeugt: Ihr Neffe hat ihren Sohn unter Androhung seines eigenen Selbstmords an die dunkle K 37 nahe dem Büttgener S-Bahnhof gelockt. "Mit einem Angriff seines Cousins hat Daniel nie gerechnet, er hat ihm voll vertraut", sagte der Vater gestern vor Prozessbeginn. "Sie lassen Personen zurück, die gequält sind von der Frage, was passiert ist", gab der Vorsitzende dem Angeklagten mit auf den Weg.

(RP)
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