Berlin Zehn Prozent mehr Rente für Frauen

Berlin · Eine Bilanz des Rentenpaktes zeigt, dass zehn Millionen Versicherte und Rentner profitieren. Der Preis für die umstrittenen Reformen ist jedoch hoch: Pro Jahr kosten sie neun bis elf Milliarden Euro.

Die vor einem Jahr in Kraft getretene Rentenreform hat den Ruheständlerinnen ein kräftiges Plus beschert. "Am deutlichsten zeigt sich der Effekt der Mütterrente im Anstieg der durchschnittlichen Altersrente an Frauen mit rund zehn Prozent von Ende 2013 auf Ende 2014", sagte der Präsident der Deutschen Rentenversicherung, Axel Reimann, unserer Zeitung.

Zum 1. Juli 2014 war die Rentenreform wirksam geworden. Seitdem erhalten Mütter, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben, pro Kind und Monat den Betrag eines Rentenpunkts zusätzlich zu ihrer Rente. Das entspricht im Westen aktuell 28,61 Euro für jedes Kind. Seitdem gilt auch die Rente ab 63, wonach Arbeitnehmer, die 45 Beitragsjahre nachweisen können, bereits ab 63 abschlagfrei in den Ruhestand gehen können. Zudem gab es Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentner und ein höheres Budget für Reha-Maßnahmen. Insgesamt profitierten vom Rentenpaket zehn Millionen Versicherte und Rentner, betonte Reimann.

Das Rentenpaket steht nach wie vor wegen seiner hohen Kosten stark in der Kritik. Bis 2020 wird es mehr als 60 Milliarden Euro kosten. Rund 160 Milliarden Euro sollen bis 2030 anfallen. Wegen der hohen Kosten durch die Rentenreform werden die bislang üppigen Rücklagen der Versicherung schneller aufgebraucht sein. Nach bisherigen Vorausberechnungen wird der Beitragssatz im Jahr 2019 von heute 18,7 auf 19,1 und im Jahr 2020 auf 19,6 Prozent steigen müssen.

Rentenpräsident Reimann mahnte höhere Steuerzuschüsse zur Finanzierung der Mütterrente an. Problematisch sei, dass die Finanzierung überwiegend durch Beiträge statt durch Steuermittel erfolge. "Bei der Anrechnung von Kindererziehungszeiten handelt es sich um gesamtgesellschaftliche Leistungen, die nicht einseitig den Beitragszahlern und Rentnern zugeordnet werden dürfen." Insoweit bedürfe die Finanzierung des Rentenpakets einer baldigen Korrektur.

Bemerkbar macht sich in der Statistik auch die Rente ab 63. Die Neu-Rentner werden wieder jünger: Das durchschnittliche Alter beim Start in den Ruhestand ist bei Männern erstmals seit Jahren wieder gesunken. Im Vergleich zum Vorjahr fiel es 2014 um 0,1 Jahre auf glatt 64. Die Zahl ist umso bemerkenswerter, da die Rente ab 63 im vergangenen Jahr erst ab Sommer galt. Die Nachfrage nach der Rente ab 63 ist ungebrochen hoch. Seit Juli vergangenen Jahres wurden bereits mehr als 300 000 Anträge für den vorgezogenen Ruhestand ohne Abschläge gestellt.

Nun soll eine Arbeitsgruppe der Koalition gegensteuern und Vorschläge für einen flexiblen Übergang in die Rente erarbeiten. Doch bislang kann man sich nicht einigen. Während die Union Anreize für längeres Arbeiten setzen möchte, kommt es der SPD auf Verbesserungen für ältere Arbeitnehmer an.

Nach Jahren sinkender Bezüge gibt es durch die Reform erstmals auch wieder ein Plus für die Erwerbsminderungsrentner. Ihre Renten sind von durchschnittlich 699 Euro auf 719 Euro monatlich gestiegen. Erwerbsminderungsrentner haben dennoch weiterhin ein besonders hohes Armutsrisiko.

Ob die Bundesregierung in dieser Wahlperiode auch noch ein Gesetz gegen die wachsende Altersarmut auf den Weg bringt, ist offen. Im Koalitionsvertrag ist eine Lebensleistungsrente vorgesehen, wodurch Niedriglöhner und pflegende Angehörige in der Rente besser gestellt würden. Der Spielraum für weitere Ausgaben in der Rente gilt aber als aufgebraucht.

(RP)
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