Bundeswehr Zu Besuch im Luftwaffen-Kindergarten

Die bessere Vereinbarkeit von Soldatenberuf und Familie, für die sich die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen besonders einsetzt, ist in Köln-Wahn bereits verwirklicht: Hier gibt es ein "Familienzentrum Fliegerhorst".

 Bärbel Schwager mit Töchterchen Annie (15 Monate).

Bärbel Schwager mit Töchterchen Annie (15 Monate).

Foto: Endermann, Andreas

Jeden Morgen pünktlich um acht Uhr rücken Annie (1) und ihr großer Bruder Mattis (3) in die Luftwaffen-Kaserne in Köln-Wahn ein. Ihr Ziel: die Kindertagesstätte im Südteil des umzäunten Geländes. Mutter Bärbel Schwager (33) arbeitet nur wenige Hundert Meter entfernt in einem Bürogebäude: Frau Hauptmann ist beim Kommando Unterstützungsverbände Luftwaffe Sachbearbeiterin für das Kampfflugzeug "Tornado" und kümmert sich zum Beispiel um die Ersatzteile für den Jet.

Was Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) möglichst flächendeckend anstrebt, gibt es am Flughafen Köln/Bonn bereits seit 50 Jahren. "1964 entstand durch eine Elterninitiative zunächst ein kleiner Kindergarten. 1974 übernahm die Diakonie die Einrichtung und erweiterte sie zum Familienzentrum", berichtet die Leiterin Waltraud Nocera. "Wir betreuen zurzeit in vier Gruppen 63 Kinder — vom ersten Lebensjahr bis zur Schulreife."

Auf die Außenfassade des Gebäudes ist ein lustiger olivgrüner Hubschrauber gemalt, vor der Eingangstür zur "Flugzeug-Gruppe" hängt das Modell einer "Transall"-Transportmaschine. Sonst erinnert nichts daran, wo sich die Kita befindet. "Wir machen alles, was eine normale Tageseinrichtung macht, bieten auch Sprach- und Ergotherapie an und Kurse für Eltern. Zurzeit läuft das Projekt ,Bärenstark und igelschlau', in dem die Kinder lernen sollen, sich vor sexuellen Übergriffen zu schützen", sagt die stellvertretende Leiterin Brigitte Frank. "Und jeden Dienstag kommt die Vorlese-Oma zu uns." Frank hat Gismo mitgebracht, einen kleinen weißen Malteser-Hund, den die Kinder tief ins Herz geschlossen haben.

Die Bundeswehr hat bei der Diakonie 40 Belegplätze erworben, die Soldateneltern bezahlen für ihr Kind nach den regulären Sätzen direkt an den Träger. Das Zentrum steht auch Zivilisten offen. Deshalb nutzen es vor allem Mitarbeiter des unmittelbar benachbarten Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. "Wir fühlen uns hier in der Kaserne wohl. Vandalismus oder Einbrüche müssen wir nicht befürchten", meint Nocera, die die Einrichtung bereits seit 1980 leitet. "Besonders erfreulich ist das hohe Engagement der Soldateneltern. Sie sind immer zur Stelle, wenn wir Unterstützung brauchen." Während Annie frühstückt, berichtet Bärbel Schwager über ihre Bundeswehr-Karriere: "Ich wollte immer Kinder haben. Zugleich war es mein Berufswunsch, zur Luftwaffe zu gehen. Denn schon mit 14 Jahren habe ich meinen Segelflugschein gemacht. Flugzeuge und Technik -— das ist mein Ding." Wegen ihrer Brille konnte sie dann zwar nicht Militärpilotin werden, studierte aber an der Bundeswehr-Universität in München Luft- und Raumfahrttechnik und war zunächst als Technikerin beim Lufttransportgeschwader 62 in Wunstorf bei Hannover eingesetzt.

Die Familie Schwager könnte Modell stehen für von der Leyens Pläne: Vater Lars Schwager (33) ist ebenfalls Hauptmann, gehört aber dem Heer an. Die Personalplaner suchten für die beiden möglichst nahe Stationierungsorte. So wurde Lars Schwager in das Amt für Heeresentwicklung in Köln-Raderthal versetzt, seine Frau nach Wahn.
"Wir sind sehr zufrieden. Die Bundeswehr ermöglicht es uns, Familie und Beruf gut zu kombinieren. Und die Kinderbetreuung ist natürlich eine Goldrand-Lösung", sagt Bärbel Schwager. Sie sei sich aber bewusst, dass es in Einsatzverbänden ungleich schwieriger sei, solche Möglichkeiten zu eröffnen als in Köln, dem mit fast 6000 Soldaten nach Wilhelmshaven zweitgrößten Standort der Bundeswehr in Deutschland.

"Zurzeit arbeite ich wegen der Kinder in Teilzeit und bin auf 70 Prozent. Dafür bekomme ich natürlich nur 70 Prozent meines Gehalts", informiert die Soldatin. Demnächst stehe für sie der Stabsoffizier-Lehrgang an; die Beförderung zum Major rückt näher. Die Frage, ob sie am Ende sogar den Generalsrang anstrebe, verneint Frau Hauptmann zwar nicht, schränkt aber ein: "Da muss ich realistisch sein. Ich habe noch sehr kleine Kinder. Dem muss ich Rechnung tragen."

Je nach Karriereinteresse und Waffengattung stehen bei der Bundeswehr sehr häufige Versetzungen quer durch Deutschland und in Nato-Partnerländer an — auch eines der Probleme, das die neue Verteidigungsministerin anpacken will. "Ich war nie länger als dreieinhalb Jahre an einem Standort", berichtet Schwager. "Hatte ich gerade einen Freundeskreis gebildet, musste ich schon wieder weg. Ich würde mich freuen, wenn die Frequenz der Versetzungen verringert werden könnte."

Mattis quengelt, er ist stark erkältet und muss zum Arzt. "Da fahre ich ihn jetzt schnell hin, bevor er alle anderen Kinder ansteckt", sagt seine Mutter. Auch das sei bei der Bundeswehr möglich. Ihre Vorgesetzten gewährten diesen Freiraum gern.

(csi)
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