Düsseldorf Zu viele Gymnasiallehrer in NRW

Düsseldorf · Durch das Doppel-Abi sinkt die Zahl der Schüler - und damit die Zahl der Stellen.

Vier Jahre hat Tim Kammann studiert - Mathematik und Englisch auf Lehramt für Gymnasium und Berufsschule. Dann ist er als Referendar 18 Monate praktisch auf den Schuldienst vorbereitet worden. Er hat unterrichtet und am Seminar in Hamm mit anderen Lehramtsanwärtern Didaktik und Unterrichtsvorbereitung gelernt. Seit dem zweiten Staatsexamen im Februar ist der 30-Jährige ausgebildeter Lehrer. Seitdem sucht er aber auch nach einer festen Arbeitsstelle.

Für Gymnasiallehrer gibt es das zweite Jahr in Folge nur wenige freie Stellen, die nicht nur zur Vertretung ausgeschrieben sind. Weil die Schülerzahl durch den doppelten Abijahrgang 2013 stark gesunken ist, gibt es an Gymnasien einen Lehrer-Überschuss. Die Zahl der Lehrer pro Schule wird nach der Schülerzahl berechnet. Sinkt die, sinkt auch die Zahl der Lehrerstellen. "In diesem Sommer und wohl auch noch im kommenden Jahr werden an den Gymnasien vor allem Stellen abgebaut", sagt Michael Schulte, Geschäftsführer der Landesgruppe der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Neue Stellen würden nicht eingerichtet, freiwerdende nur selten neu besetzt.

"Nach dem doppelten Abiturjahrgang gibt es um die 2000 Lehrerstellen, die nach dem Stellenkonzept überflüssig sind", sagt Schulte. Daher seien nur etwa 300 Stellen für das neue Schuljahr ausgeschrieben worden. Mit der gleichen Anzahl rechnet Schulte für den nächsten Einstellungstermin im Februar. Allein 3000 Lehrkräfte hätten die Studienseminare aber zum Sommer verlassen. Die allermeisten werden also zum Schuljahresbeginn keine feste Stelle haben. Vertretungsstellen, etwa für erkrankte Lehrer oder solche in Elternzeit, werden zwar regelmäßig ausgeschrieben, aber auch davon gibt es nicht genug für jeden neuen Lehrer.

Für wie viele Gymnasiallehrer es tatsächlich keine Stelle gibt, weiß das Schulministerium noch nicht. Derzeit liefen noch Einstellungen, sagt ein Sprecher; erst Mitte August gebe es genaue Zahlen. Er fügt hinzu: "Der Lehrermarkt ist ein Arbeitsmarkt wie jeder andere, auf dem man sich mit seinem Zeugnis eben bewerben muss und nach bestimmten Kriterien eingestellt wird."

Ein Argument, das Kammann ärgert: "Uns wurde immer suggeriert - sowohl an der Uni als auch im Seminar -, dass wir alle eine Stelle bekommen. Mit unserer Ausbildung können wir außerdem kaum etwas anderes machen." 40 Bewerbungen hat er geschrieben. Seine Fächerkombination ist eigentlich gefragt. Eingeladen wurde er zu zehn Vorstellungsgesprächen. "Oft aber anscheinend nur als Alibi-Kandidat, weil die Schule sich bereits für einen Lehrer entschieden hatte, aber auch andere Bewerber anhören muss."

Eine Lösung für den Lehrer-Überschuss gibt es derzeit nicht. "Wir können die Situation erst bewerten, wenn wir konkrete Zahlen für das kommende Schuljahr haben", teilt das Schulministerium mit. Michael Schulte von der GEW hofft, dass es sich um ein Übergangsproblem handelt: "Inzwischen sind 1000 der überschüssigen Stellen abgebaut. Spätestens bis 2016 sollte der Prozess also abgeschlossen sein."

(RP)
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