Ermittlungen auch gegen OB Elbers 58 Rathaus-Mitarbeiter unter Verdacht

Düsseldorf · Nach monatelangen Ermittlungen verdächtigt die Staatsanwaltschaft 58 Mitarbeiter des Rathauses der Vorteilsannahme. Der frühere IDR-Chef habe sie zwecks "Klimapflege" mit – relativ kleinen – Geschenken bedacht.

Das sind die Immobilien der IDR
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Nach monatelangen Ermittlungen verdächtigt die Staatsanwaltschaft 58 Mitarbeiter des Rathauses der Vorteilsannahme. Der frühere IDR-Chef habe sie zwecks "Klimapflege" mit — relativ kleinen — Geschenken bedacht.

Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, dass der weitaus größte Teil der jetzt verdächtigten Rathaus-Leute kein Unrechtsbewusstsein hatte, als man die Präsentchen der Stadttochter Industrieterrains Düsseldorf-Reisholz (IDR) annahm. Handelte es sich doch "nur" um ein paar Flaschen Wein, einige freuten sich über edlen Schampus oder Einladungen zu komfortablen Abendessen. Sorgfältig ließ der damalige IDR-Chef Heinrich Pröpper Listen darüber führen, wer was bekam — selbst die Kalender für Journalisten stehen mit namentlicher Zuordnung in den Aufzählungen.

Bei den meisten so Bedachten handelte es sich, das geht aus einer der RP vorliegenden Auflistung hervor, allerdings um Politiker und Mitarbeiter der Stadt — Ratsmitglieder sämtlicher Parteien, Bürgermeister, Dezernenten, Amtsleiter und vor allem jene, die im Aufsichtsrat, dem Kontrollgremium der IDR, saßen. Dass einige von ihnen, genauer gesagt Amtsträger, also Beamte, diese Geschenke bei enger Auslegung der entsprechenden Regeln nicht hätten annehmen dürfen, hätten sie wissen müssen, meint die Justiz — und ermittelt jetzt gegen 58 weitere Personen. Es bestehe, so heißt es, der Anfangsverdacht der Vorteilsannahme.

Die Stadt reagierte am Mittwoch mit einer kurzen Stellungnahme: "Wir sind davon in Kenntnis gesetzt worden, dass im Zusammenhang mit dem Strafverfahren gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der IDR — Industrieterrains Düsseldorf-Reisholz AG — weitere Ermittlungsverfahren gegen Bedienstete der Stadt Düsseldorf eingeleitet wurden. Uns ist nicht bekannt, wer konkret von den Ermittlungen betroffen ist. Die Stadt Düsseldorf wird die Staatsanwaltschaft bei den Aufklärungsarbeiten unterstützen. Im Hinblick auf den sehr frühen Stand des Verfahrens kann derzeit eine weitere Stellungnahme nicht abgegeben werden."

Von der Staatsanwaltschaft wurde auf Nachfrage allerdings konkret ein Name genannt — Oberbürgermeister Dirk Elbers. Elbers ist Vorsitzender des IDR-Aufsichtsrates, als hauptamtlicher OB ist er aber auch Amtsträger und fällt unter die strengen, von den Ermittlern jetzt angewandten Regeln. Elbers hatte den Brief der Staatsanwaltschaft eigenen Angaben zufolge am Mittwoch noch nicht erhalten, wollte deshalb weder bestätigen noch dementieren, dass nun auch gegen ihn ermittelt wird.

Dieses Ermittlungsverfahren ist sozusagen ein Nebenprodukt des Verfahrens gegen Heinrich Pröpper selbst. Gegen ihn wird wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsgewährung ermittelt. Ihm wird vorgeworfen, gezielt mit Präsenten und luxuriösen Abendessen "Klimapflege" betrieben zu haben. Es geht auch um Spenden an die CDU, von der IDR finanzierte Partys und Spesenabrechnungen. Die Ermittlungen gegen Pröpper, die seit März laufen, sind noch nicht abgeschlossen. Er hatte bisher betont, dass die Vorwürfe gegen ihn haltlos seien.

Pröpper ist im Februar unter Druck bei der IDR ausgeschieden — vor allem wegen zweier Projekte, bei denen ihm die Verantwortung für enorme Kostensteigerungen angelastet wird. Mehrere Millionen Euro (die genaue Höhe ist noch nicht sicher) wird man vor allem bei der Tiefgarage Oberkassel draufzahlen müssen, weiß man bei der IDR. Zudem gilt als sicher, dass die Tiefgarage nur mit Verlust zu betreiben ist.

Nach und nach stellte sich heraus, dass der langjährige Alleinvorstand es geschafft hatte, den Aufsichtsrat im Glauben zu lassen, seine Kalkulationen seien in Ordnung. Wobei bisher keiner den Vorwurf erhoben hat, Pröpper habe dabei getäuscht oder sich auf irgendeine Weise strafbar gemacht. Unterschwellig klang immer der Vorwurf mit, der Aufsichtsrat (mit Parteipolitikern, aber auch mit Arbeitnehmervertretern besetzt) hätte über einen langen Zeitraum seine Kontrollfunktion nicht oder nicht ausreichend erfüllt. Das hat sich inzwischen geändert. Zudem sorgte Elbers dafür, dass Pröpper ein gleichrangiger kaufmännischer Geschäftsführer — Denis Rauhut — an die Seite gestellt wurde. Kaum war der im Amt, wurde öffentlich, dass die IDR nicht so gut da stand, wie Pröpper es nach außen dargestellt hatte.

(RP/jco)
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