Düsseldorf Alles außer Mutti

Düsseldorf · Wenn der Kinderwagenhersteller Bugaboo sein neues Modell vorstellt, geht es um einen Lifestyle, der sich aus Google, Facebook, Apple und langen Nächten in coolen Szene-Bars zusammensetzt. Und der sich radikal ändert, sobald man Nachwuchs bekommt. Ein Abend bei "Baby-Kochs"

 Die Botschafterin von Bugaboo im Rheinland, Isabella Jaskulla Santos. Sie will nach der Niederkunft viele Bugaboo-Mütter um sich scharen.

Die Botschafterin von Bugaboo im Rheinland, Isabella Jaskulla Santos. Sie will nach der Niederkunft viele Bugaboo-Mütter um sich scharen.

Foto: Endermann, Andreas

Am Eingang zum Hof hängen rosa Luftballons, zwei Fackeln weisen den Weg, doch eigentlich ist es noch ein bisschen früh zum Feiern. Daniela Giesen, Mitarbeiterin von "Baby Kochs", steht aber schon an ihrem Tisch, um die Namen auf der Gästeliste abzuhaken. Es ist wie vor jedem angesagten Club: Wer nicht draufsteht, kommt nicht rein. Heute nur Stammgäste, sorry.

 Ein DJ sorgte für die passenden Rhythmen zum flotten Bugaboo, den Baby-Kochs gestern präsentierte.

Ein DJ sorgte für die passenden Rhythmen zum flotten Bugaboo, den Baby-Kochs gestern präsentierte.

Foto: Endermann, Andreas

Die anderen werden aufs Freundlichste begrüßt, mit Küsschen auf beiden Wangen, und in den Innenhof geleitet, vorbei an Scheinwerfern, deren Licht die Wand in Gelb und Pink taucht. Bis zur Bar. Es gibt Kölsch, Wasser und "Hugo", eine Mischung aus Sekt, Holundersirup, Minze und Limette, heute auch ohne Alkohol. Die meisten Frauen sind hochschwanger, schenken den Kellnerinnen vielleicht deshalb ein Lächeln.

Doch vorher "muss, muss, muss" noch ein Foto gemacht werden, um später die Bilder auf der Facebook-Seite von Bugaboo zu posten: glückliche Männer und Frauen in freudiger Erwartung eines Kinderwagens. Und eines Babys natürlich. Es darf gelacht werden. Bugaboo stellt bei "Baby Kochs" den "Cameleon" vor, die ersten Exemplare sollen auch den neuen Besitzern ausgehändigt werden.

Zugleich präsentiert die Firma aus den Niederlanden ihr neues Marketingkonzept, in dem auf Facebook rekrutierte Bugaboo-Botschafter eine Gruppe von Müttern um sich scharen sollen, um der Marke zu huldigen. Vielleicht muss man hier mal unterbrechen, um den Menschen Bugaboo zu erklären, die sich in den letzten Jahren nicht mit Kinderwagen beschäftigt haben. Was das iPhone für Handys ist der Bugaboo für Kinderwagen. Spätestens seit "Brangelina" ihre Kinder mit einer Flotte Bugaboos durch die Flughafen-Gates dieser Welt schieben, kaufen Eltern wie die Irren dieses Ding. Sofern sie knapp 1000 Euro übrig haben, Zubehör kostet extra.

Die Bugaboo-Botschafterin im Rheinland heißt Isabella Jaskula Santos, sieht unfassbar gut aus und nippt am Mineralwasser. Markenbotschafterin von Bugaboo zu sein, sei für sie eine Ehre, sie will eine Community zusammenstellen, andere Mütter kennenlernen, sich treffen, austauschen. "Ich will ja nicht nur zu Hause sitzen und Mutti sein", sagt sie. Zuerst muss sie allerdings noch in den Kreißsaal, wohl weil ein Kind, die Voraussetzung für den Job ist, der - nebenbei gesagt - sowas wie ein Ehrenamt ist. "In knapp zwei Wochen ist es so weit", sie streichelt sich den Bauch und wirft einen Blick auf den neben ihr stehenden Kinderwagen.

Der DJ spielt Remixes vom Macbook, als ein einzelner Mann im Polo-Shirt hereinkommt: flackernder Blick, unrasiert und alibigeduscht. Er brauche den Kinderwagen, das Kind sei schon da, eine Frau gratuliert und geleitet ihn eilig nach hinten, bevor das wahre Leben noch die Stimmung kaputtmacht. Einen "Hugo" will der Mann nicht.

Der Dj stellt das djäen ein, es gibt einen Werbefilm, der die Geschichte von Bugaboo erzählt, schnell, rhythmisch in großen Druckbuchstaben, die von einer weiblichen Stimme mit Londoner Akzent nachgesprochen werden. Es flackert, "Changing the world of mobility since 1994", steht am Ende da. Trotz des Pathos klatscht niemand, was den Verdacht nahelegt, dass es manchen hier nicht nur um die "Genialität" des Produktes geht, sondern auch darum, demnächst auf dem Spielplatz zu zeigen, wie viel Geld man doch in der Lage ist für einen Kinderwagen auszugeben, der nicht nur farblich perfekt zum "Hilfiger-Hemd passt. "Natürlich sei der Bugaboo auch Status-Symbol", sagt die Deutschland-Chefin Katrin Funke, zudem spreche er auch die Männer an, ergänzt sie.

Neben ihr steht der Verkaufschef für Bugaboo in Europa und Asien: Nicolaas Bloemers ist aus Amsterdam gekommen und bemüht sich nach Kräften, das Kölsch wegzutrinken. "Bei Bugaboo sind wir eher locker", sagt Funke. Dann kommt die Übergabe. Sieben Bugaboos stehen in der Reihe, jeder hat eine andere Farbe, "Ist das nicht toll", freut sich Kochs-Geschäftsführer Christian Lange. Er macht gerade rund 7000 Euro Umsatz.

Dafür erklärt er einem Paar auch alle Funktionen, klappt ein, klappt aus, zuckt mit den Schultern, als die werdende Mutter die Feststell-Bremse nicht bedienen kann, weil die nur für Rechtshänder ausgelegt ist. "So einen Wagen sieht man wenigstens nicht oft", sagt die Frau, und spielt mit ihrem Becherhalter. Ungeübt fährt das Paar den Wagen nach Hause, das Baby kann nun kommen. Bis dahin dürfte sich auch geklärt haben, wo zur Hölle man die Handtasche hinhängt.

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