Hochstraße in Düsseldorf Die Geschichte des Tausendfüßlers

Düsseldorf · Das Rathaus hat vom Baubeginn Ende der 1950er Jahre bis heute Daten und Details der seit 1993 denkmalgeschützten Hochstraße dokumentiert. Bisher nicht öffentlich zugängliche Fotos zeigen spannende Perspektiven aus der Bauphase.

Historische Bilder vom Tausendfüßler
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Die Erleichterung im Rathaus war groß, als im Frühsommer 2012 der damalige NRW-Bauminister Harry K. Voigtsberger (SPD) grünes Licht für den von der schwarz-gelben Ratsmehrheit geplanten Abriss der denkmalgeschützten Hochstraße gab. Ein eigens vom Minister in Auftrag gegebenes Gutachten hatte dem Bauwerk starke Sanierungsbedürftigkeit attestiert. Den Charakter des Denkmals zu erhalten, sei damit nicht möglich, so der Schluss.

Die Stadtspitze sieht nun die Gelegenheit, Düsseldorf an dieser zentralen Stelle neu zu gestalten. Und verabschiedet sich voller Respekt von dem Tausendfüßler im Herzen der Stadt: "Er hat die Stadt jahrzehntelang geprägt und ist als Ingenieurbauwerk auch eine Besonderheit", sagt Andrea Blome, Leiterin des Amts für Verkehrsmanagement. Sie betont aber auch, dass die Hochstraße ihre Zeit gehabt habe. "Für die Entwicklung der Stadt ist es gut, etwas abzureißen, um etwas Neues zu schaffen."

Dokumentation des Bauwerks

Die von der SPD im Rathaus geforderte Dokumentation des Bauwerks gehört ohnehin zum städtischen Konzept: In jetzt schon 15 Ordnern wird jedes Detail seit dem Baustart Ende der 1950er Jahre genau aufgelistet. Baupläne, das Brückenbuch mit sämtlichen Reparaturen, von denen in 50 Jahren einige anfielen und mehrere 100 000 Euro Investitionen erforderten, vor allem aber beeindruckende Fotos sind darin zu sehen.

Auf die hatten die Ingenieure Wert gelegt. Denn bei den einzelnen Bauphasen wurden die Konstruktionsprinzipien sichtbar. Und die wollten die Ingenieure anschaulich der Nachwelt überliefern. Beispielsweise die feine Holzschalung für die gewölbte Fahrbahndecke, die präzise angeordneten Bewehrungsstangen aus Stahl für die Tragekonstruktion der Hochstraße oder die eleganten, Y-förmigen Stützen.

Die Begeisterung der Ingenieure ist verständlich. Denn mit der Spannbeton-Konstruktion des Tausendfüßlers betraten sie auch Neuland. "Die Berechnung der Statik war so kompliziert, dass an der technischen Hochschule Stuttgart sogar Modellversuche durchgeführt wurden", sagt Ingo Pähler, Abteilungsleiter Brückenbau im Amt für Verkehrsmanagement. Er kennt das Brückenbuch und die alten Konstruktionszeichnungen genau, weil sie auch Grundlage sind für die Planung des Abrisses.

Beeindruckend sind die alten Konstruktionszeichnungen. Sie sind alle mit der Hand oder mit Schablonen gezeichnet - sauber, übersichtlich und akribisch. "Es ist zu spüren, wie sich jeder Ingenieur mit der Materie auseinandergesetzt hat", sagt Pähler. Allein die Zeichnungen füllen vier Kartons. Denn die Konstruktionsdetails für jeden Abschnitt der Hochstraße mussten dargestellt werden.

Das spannende Material soll der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden: "Einen Teil davon werden wir im Info-Pavillon auf dem Corneliusplatz präsentieren", sagt Verkehrsdezernent Stephan Keller. Der Rest der Dokumentation wird aufbereitet und kommt ins Düsseldorfer Stadtarchiv. Auch dort kann jeder interessierte Bürger Einsicht nehmen.

Konzept für Verkehr

Ebenso wie einst der Bau des Tausendfüßlers wird jetzt auch sein Abriss bis ins letzte Detail genau durchgeplant. Seit eineinhalb Jahren feilen die städtischen Experten an dem Konzept, wie der Verkehr insbesondere während der Abbruchphase umgeleitet werden kann, ohne dass es zu massiven Staus in der Innenstadt kommt. Auch der Zeitplan ist genau durchgetaktet (siehe Info-Kasten).

Fest steht, dass am Sonntag, 24. Februar, gegen Mittag das letzte Auto über die Hochstraße fahren wird. Anschließend lädt OB Dirk Elbers zum Abschiedsspaziergang über das Bauwerk. Die Abrissgegner von der Initiative "Lott stonn" sollen ebenfalls eingebunden werden.

Denn auch wenn sich am Tausendfüßler wegen der Stadtentwicklung die Geister scheiden - er hat die Stadt Düsseldorf entscheidend geprägt.

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